Hans Werthner (Nürnberg 1888 – 1955 Bamberg)
Bildnis Karl Bröger, 1917
Öl auf Leinwand, 112 x 86,5 cm
Provenienz / Zugang: Ankauf vom Künstler, 1920
Hans Werthner setzte sein Studium nach einer dreijährigen Ausbildung an der Nürnberger Kunstgewerbeschule ab 1907 bei Angelo Jank an der Münchener Kunstakademie fort. 1921 kehrte Werthner als Lehrer an die Nürnberger Kunstgewerbeschule zurück. 1928 nahm er an der zum Dürer-Jahr organisierten Prestige-Ausstellung „Nürnberger Kunst der Gegenwart“ in seiner Heimatstadt teil. Zugleich stellte er neben Künstlern wie Max Beckmann, Otto Dix und Oskar Kokoschka in der großen Überblicksausstellung „Deutsche Kunst“ im Düsseldorfer Kunstpalast aus. Seine Zeitgenossen würdigten Werthner vor allem als Landschaftsmaler, daneben entstanden Bilder von Eisen- und anderen Industriewerken. Unverwechselbar sind bis heute jedoch seine Bildnisse der Nürnberger Kunst- und Kulturszene, wie sein „Bildnis der Sängerin Emma Brunck“ von 1919. Stilistisch stand er nach impressionistischen Anfängen der Neuen Sachlichkeit nahe, deren Vertreter sich ebenfalls aufmerksam gegenüber sozialen Veränderungen äußerten. So dokumentiert Werthners 1925 entstandenes Gemälde „Blick in den Hof“ ein Stück Alltagskultur in der Weimarer Republik.
Werthners bekanntestes und häufig reproduziertes Werk ist ein Bildnis des Arbeiterdichters Karl Bröger (1886 – 1944), den er halbfigurig vor der Silhouette des industrialisierten Nürnberg porträtierte. Neben der schemenhaft zu sehenden Kaiserburg ist die Stadtansicht von rauchenden Backsteinschornsteinen geprägt. Der überzeugte Sozialdemokrat Bröger war in den 1920er-Jahren Redakteur der Fränkischen Tagespost und der Jungsozialistischen Blätter sowie Dozent für Literatur an der Nürnberger Volkshochschule. 1933 wurde er als SPD-Stadtrat gewählt und deshalb im Nationalsozialismus einige Monate im Konzentrationslager Dachau interniert. Dennoch versuchten die Nationalsozialisten ihn und seine Dichtungen für sich in Anspruch zu nehmen, während viele seiner Bücher als „verfemt“ galten.
Dr. Andrea Dippel