"Paarlauf": Das Kunsthaus zeigt 7 Hamburger und 7 Nürnberger Künstler
Das giftige Zischen, das der seltsamen Apparatur mit dem Gasmasken-Symbol drüber bisweilen entströmt, irritiert genauso wie die düsentriebkräftige Lichtkanone, die ihre Energie auf einen blauen Zellkreis von Hjalmar Leander Weiss schleudert. Die Kunst wird untersucht. Na endlich. Der Hamburger Installationsmaniac Siegfried Fuhrmann hat mit dem hiesigen Maler Hjalmar Leander Weiss eine Schicksalsgemeinschaft gegründet. Der Gegensatz funktioniert. "Paarlauf" nennen sieben Hamburger und sieben Nürnberger Künstler ihre Berührungspunktlandung im Kunsthaus – ein Pendelverkehrskonzept ohne Sackgassen-Syndrom.
Werner Schaarmann, der vor drei Jahren seiner preußischen Wurzeln wegen nach Hamburg ging, brachte die Idee ins Rollen, die 2004 in Hamburg zum Gegenbesuch ausholt. Spurensucher Schaarmann, der die Kopfsteinpflasterritzen der zerstörten Stadt Küstrin in seiner Fotoserie als Scherbenhaufen der Geschichte hernimmt, hat in Michaela Biet eine Gesinnungspartnerin gefunden: Die Bildhauerin hat in einen herzförmigen Findling Schlagadern gebohrt und das Restmaterial zu Mini-Organen hochpoliert. Mit den Monochrombildern von Ute Kühn und den papiernen Luft- Schlangen von Lisa Metz-Ismail zusammen die Ruhezone der Schau.
Sybille Fredebeil denkt bei Nürnberg an Dürers Rasenstück (und hat es in allen neuzeitlichen Hässlichkeiten geklont), ihr Partner Bernd de Payrebrune ans purzelnde Dürer-Vokabular. Christine Nikol musste erstaunt feststellen, dass ihre emotional aufgeladenen Ventil-Bilder denen von Muriel Zoe Borchert "sehr ähnlich" sind. Anke Mellin (Hamburg) und Winfried Baumann (Nürnberg) wussten dagegen, auf wen sie sich einlassen. Beide arbeiten seit Jahren am Obdachlosen-Thema. Baumann stellt seine zwischen Kuriosität und Ernsthaftigkeit schillernde Kollektion (mobile Metall-Mülltonnen mit Survival-Zubehör) aus. Mellin ihre hölzerne Traumhaus-Siedlung, die sie per Umfrage gestalten ließ: Der eine zog eine riesige Mauer rum, der andere sucht die Wärmedämmung mit Wollmütze, ein dritter fühlt sich regelrecht angekettet. Eine Arbeit mit Langzeitwirkung. Wie die von Laborbastler Fuhrmann und Maler Weiss.
Andreas Radlmaier
Abendzeitung