Ost-West-Duo: Annette Blocher und Annette Munk stellen gemeinsam im Nürnberger KUNSTHAUS aus
Wer bislang dachte, Hausarbeit ist dröge und uninspirierend, dem öffnen Annette Munk und Annette Blocher die Augen: Mit Witz und Ästhetik enthüllen sie das künstlerische Potenzial von Staubsaugern oder Bügeleisen und sorgen mit Riesen-Stoffschrauben und mannshohen Soft-Scheren im Nürnberger Kunsthaus auch dafür, dass sich Heimwerker wohl fühlen. Die Ausstellung des Annette-Duos ist deutlich pfiffiger und hintersinniger als der reichlich nüchterne Titel »Zwei- und Dreidimensionales« vermuten lässt.
Bügeleisen als Perlenkette
Was sonst achtlos auf Blusen und Oberhemden gepresst wird, hat Annette Munk einer eingehenden künstlerischen Betrachtung unterzogen und dabei Erstaunliches entdeckt: die Unterseiten von Bügeleisen. Die unterschiedlich angeordneten und geformten Löcher - von Munk in einer Art gezeichnetem »Familienalbum« präsentiert - geben jedem Gerät sein ganz eigenes Gesicht. Da mutiert das profane Haushaltsgerät zum sakralen Kuppelbau, zur chaotischen Spielwiese, zum dynamischen Linienparcours. Als Perlenkette legen sich die Bügeleisen-Stanzungen »ladylike« um den Hals einer Stoffbüste oder geben den fünf »IRONmen« die Anmutung von Bischöfen oder Sternenkriegern.
Es sind die ganz simplen Dinge des Lebens, vom Reibeisen bis zur Steckdose, vom Knopf bis zur Nadel, die sich Munk vornimmt und in ihren Zeichnungen und genähten Flausch-Installationen mit Poesie wie Symbolwert auflädt. Das Alltägliche steckt sie in fremdes, weiches Gewand und sorgt durch die Mischung aus Plakativem, Banalem und Abgründigem für Überraschung und Unterhaltung.
Ähnlich macht es Annette Blocher, allerdings mit anderem Material. Aus Wellpappe und mit viel Ironie hat sie ihr Ensemble »Fünf Staubsauger mit Chef« kreiert: Während der Vorsteher seine Schmutztüte selbstbewusst nach oben geknickt hat und den imaginären Staub (oder ist es nur heiße Luft?) rauspustet, stehen die Mitarbeiter dahinter als Ausputzer parat - ein schönes Sinnbild für so manchen Büroalltag.
»Das Einfachste hat die stärkste Ausstrahlung«, ist sich Blocher sicher und tritt den Beweis mit ihren "simplen" Hohlkörpern aus schichtweise überklebtem Wellkarton an: geschlossene Gefäße, die an Vasen, Hocker oder - gerade bei den neuesten Stücken - an Elefantenzähne oder Architekturbögen erinnern.
Das Ost-West-Duo - Munk stammt aus Erfurt, Blocher aus Nürnberg - verbindet nicht nur derselbe Vorname und eine ähnliche künstlerische Haltung, sondern auch eine zehnjährige Freundschaft. 1992, als sie beide nach Berlin umgezogen sind, haben sie sich kennengelernt. Zum ersten Mal stellen sie nun gemeinsam aus - eine gelungene Premiere.
Von: BIRGIT RUF, Quelle: Nürnberger Nachrichten