24. Juli bis 18. August 2002
In der Ausstellung wurden plastische und grafische Arbeiten zweier Künstlerinnen gezeigt, die sich durch die Grenzöffnung zwischen Ost- und Westdeutschland kennenlernen konnten und langsam in den vergangenen mehr als zehn Jahren in Berlin Freundinnen geworden sind. Ihre unterschiedliche künstlerische Arbeit war dabei immer gegenseitige Anregung und Herausforderung, mit anderem Herkommen und Wissen, anderen Umgangsformen und Arbeitsweisen den eigenen Horizont zu erweitern.
Punktuelle Zusammenarbeit führte zu dem Wunsch, in einer gemeinsamen Schau die Werke beider miteinander zu konfrontieren. Diese Möglichkeit ergab sich im KUNSTHAUS Nürnberg.
Die Zeit des gegenseitigen Kennenlernens in den 90er Jahren umfasst für beide Künstlerinnen die jeweils eigenen Schritte vom zwei- zum dreidimensionalen Arbeiten. So entwickelte Annette Blocher kontinuierlich über lange Zeiträume, in geradezu evolutionärer Weise organisch anmutende Plastiken. Präzise, stark reduzierte Formen entstehen aus vielschichtigem homogenem Material: Wellkarton, der wieder und wieder überklebt wird. Sie bildet ähnlich dem Wachstum von Perlen ihre Formen, die innere Hohlräume wie Kerne umschließen. In bestimmten Stadien werden für Blocher scharfe Schnitte erforderlich: Objekte werden geteilt, Stücke davon abgetrennt. Um diese durch Dekonstruktion gewonnenen Teile können neue Formen wachsen. Das Material, meist in seinem Graubraun belassen, schafft Nähe zum Betrachter. Doch lassen sich die Dinge nie oberflächlich, leicht, schnell vereinnahmen. Eigenständig und eigengesetzlich fordern sie einen gleichsam betastenden, erfühlenden Blick.
Für Annette Munk hingegen spielen Kontext und Begrifflichkeit von Formen eine größere Rolle. Sie legt sich in Material und Technik nicht fest, konzipiert neue Arbeiten vorzugsweise für konkrete Räume bzw. Themen. So zeigt sie in diesem Zusammenhang z.B. keine Fotoinstallation, sondern hauptsächlich textile Plastik, die einen Teilbereich ihrer Arbeit bildet. Vielschichtigkeit entsteht bei Munk auf ganz andere Weise. In leichten, dünnwandigen, exakt aus flächigen Zuschnitten konstruierten Objekten verbindet sie bildhaften Wortsinn, Form- und Farbsymbolik mit meist weichem, angreifbaren Material. Aufgereihte Hohlkörper, Behältnisse, Hüllen erscheinen durch ihr serielles Auftreten vertraut und symbolisch zugleich. In fremdem Gewand wird Alltägliches in seiner Funktion befragt und umfunktioniert, wobei die gezielte Vermischung von Plakativem, Banalem und Abgründigem nicht selten zum Lachen reizt.
Bei aller Unterschiedlichkeit schaffen Annette Blocher und Annette Munk klare, eher spröde Skulpturen bzw. Objektgruppen, die wesentlich von Material und Technik leben. In der Ausstellung zeigte sich, wieviel Dialog bzw. Abgrenzung möglich und nötig ist, um gedankliche Bögen zu spannen.