Das KUNSTHAUS stellt Annette von Kienlin und Stephan Deckert vor
Die Rosen haben ihre volle Pracht entfaltet, energisch ihr Innerstes nach außen gekehrt und mit dem Höhepunkt ihrer Schönheit einen Zustand erreicht, bei dem man unwillkürlich auch ihr verblühen vor Augen hat. Die Versuchung ist groß, Annette von Kienlins Rosenbilder als Metapher für ihr Leben zu nehmen. Ihr freiwilliger Tod mit 43 Jahren machen die Arbeiten zum Höhepunkt ihres künstlerischen Schaffens. Zu sehen sind sie mit den nicht weniger beeindruckenden Gemälden von Stephan Deckert im KUNSTHAUS, in einer Schau, die Ausstellungsleiter Hans-Peter Miksch »eine der ungewöhnlichsten Ausstellungen, die wir bislang gemacht haben« nennt. Ungewöhnlich, weil zwei Künstler am Beginn ihrer vielversprechenden Karriere vorgestellt werden, der auch schon das Ende war. Der Selbstmord, der sie biografisch verbindet - Deckert nahm sich mit 35 Jahren das Leben - macht die Talentschau zur Retrospektive.
Während die Münchner Malerin Annette von Kienlin keine Verbindung zu Nürnberg hat, studierte Stephan Deckert hier zwei Jahre an der Akademie, bevor es den Münchner nach Berlin zog. Im Ferienhaus in der Fränkischen Schweiz, in das sich der Künstler oft wochenlang zurückzog, entstand eines seiner letzten Gemälde. Wie in vielen anderen lenkt auch hier der Titel die Aufmerksamkeit auf das Detail, das man fast übersehen würde, weil der Raum Gegenstand der Betrachtung ist, und nicht die »Die Mausefalle« unterm Tisch. Mit Deckert schaut man in aller Ruhe und doch irdendwie erregt in Autos und Auslagen, durch Schaufenster und Türen in Büros und Geschäfte. Wo Vorhänge den Blick versperren, Fassaden abweisend wirken, macht sich Tristesse breit, wo Deckert Kleinigkeiten entdeckt wie den festgetretenen »Kaugummi« auf dem Pflaster überrascht er mit stillem Witz.
Dramatisch kann man die Arbeiten von Annette von Kienlin nennen, auf denen die Farbe manchmal außer Kontrolle geraten zu sein scheint. Roh wirkt das Fleisch in den Körperstudien, eine grausige Komik besitzen die Schweinsköpfe auf dem Serviertablett, die Kienlin in Serie gemalt hat und die wie beim Verwesungsprozess immer mehr die Konturen verlieren. Die Frage nach dem Sinn der Malerei hat die Künstlerin gequält, bei dieser sehenswerten Ausstellung mit dem Titel »Eine Sache der Malerei« drängt sie sich nicht auf.
Von: UTE MAUCHER, Quelle: Abendzeitung Nürnberg