Jahresausstellung des Berufsverbands Bildender Künstler im KUNSTHAUS
Werke von Scholler, Schneider und zwei Räume voller Urlaubsgrüße sind zu sehen
Das ist mehr als eine Holzskulptur. Das ist ein Standpunkt: »Heute nicht« steht auf dem Kärtchen im Schoß des archaisch anmutenden Wesens, das, nicht Esel, nicht Kuh, und doch von beidem etwas, mit verschränkten Armen im KUNSTHAUS sitzt. Da hockt ein Gemütszustand in figura. Ihr nordischer Name: Ingalill.
»Polluxa & Ingalill« hat der 30-jährige Künstler Armin Scholler seine sehenswerten Beiträge zur aktuellen Ausstellung des Berufsverbands Bildender Künstler im KUNSTHAUS überschrieben. In der Schau der BBK-Sektion Nürnberg, wo außerdem noch Klaus Schneiders Druckgrafiken und eine Gruppenarbeit ausgestellt werden, ist der noch unbekannte junge Maler, Bildhauer, Kunstpädagoge und Skandinavienliebhaber Scholler mit seinen Werken die bemerkenswerteste Entdeckung.
»Polluxa & Ingalill« sind Fabelgestalten, die sich der gebürtige Nürnberger während seines Aufenthalts im nördlichen Norwegen, in Karasjok, ausgedacht hat, wo er als Lehrer tätig war. »Ich wollte Figuren entwerfen, die dort durch die Wälder streifen könnten«, erklärt er. »Polluxa & Ingalill« leben nun in Schollers mit zärtlichem Strich angelegten Farbzeichnungen auf, von denen 17 im KUNSTHAUS zu sehen sind. Bezeichnende Titel: » Polluxa im Feinripp« oder » Ingalill fängt eine Fliege«. Wie die liebevollen Zeichnungen voll der leisen Ironie sind, so eindringlich wirkt die Tiefe aus den großflächigen Ölbildern, die eine Landschaft spiegeln, der man kaum entfliehen kann. »Am Jezjavvi III« heißt eine Arbeit, die von nordisch-schweren Blautönen kündet. Ein meditatives Werk, bei dem nicht nur dessen Titel die samische Bezeichnung »In sich selbst See« wiedergibt. Die Raumgestaltung lässt Farbtöne, figurative und malerische Elemente dezent miteinander korrespondieren.
Einem bunten Jahrmarktstand gleich – und ebenso beliebig sortiert -, nehmen sich dagegen die zwei Räume der Gruppenausstellung des BBK mit künstlerisch gestalteten Urlaubsgrüßen aus. Ein Wettbewerb ohne Jury, ohne Formvorgabe: Jeder Künstler präsentiert einen oder mehrere Empfänger, den er in möglichst originell gestalteten Kunstkarten und – werken anspricht. Konkret sind in der Ausstellung beispielsweise Urlaubsgrüße aus dem vom Straßenbau bedrohten Rednitztal (Aquarell von Horst Heidolph) zu sehen, in Seife gegossene Wandermarken (Heike Hahn), eine Wandinstallationen mit dem auf Nürnberg bezogenen Titel »Die Leben hier noch im Mittelalter« (Spiegel mit Postkarte von Reindl & Beck) – oder schlicht »Urlaubsgrüße vom heimischen Herd« (Bleistiftzeichnung von Bernd de Payrebrune). Die Ausstellungsinitiatoren vom BBK, der in Nürnberg rund 300 Mitglieder starken Standesvereinigung freischaffender bildender Künstler, wollten mit ihrer Gruppenausstellung laut Heike Hahn »etwas fürs Herz und etwas Lustiges« zeigen. Gut: Mehr ist dabei auch nicht herausgekommen.
Düster dräut dazwischen noch das Kabinett der Druckgrafiken von Klaus Schneider, der als zweiter Einzelkünstler einen Raum und einen Teil des Ganges im KUNSTHAUS bespielt. Mit 66 Radierungen, Holzschnitten, ganz neuen Monotypien und einer kindlichen Bleistiftzeichnung – seinem »ersten Werk als Sechsjähriger« -, bietet er einen umfassenden Überblick über seine Arbeiten der letzten Jahrzehnte an. Die Werke scheinen geprägt zu sein von einer Ambivalenz zwischen zuweil faszinierender Akribie und einem letztlich doch alles überzeichnenden Drang, dem groben Impuls nachzugeben. In Feinarbeit angefertigte Radierungen werden mit der Kaltnadel überzogen. In Schwarzweiß finden Seelenzustände Ausdruck.
Von: CHRISTIAN MÜCKL, Quelle: Nürnberger Zeitung