time out. Das Kunstprojekt der RENTA Gruppe Nürnberg 1997

10.07. bis 24.08.1997

Der seit 15 Jahren jährlich verliehene RENTA-Preis präsentierte sich 1997 in neuem Gewand: Es wurde ein Gastkurator berufen, in Absprache mit dem Ausrichter und dem Träger des Preises eine Ausstellung zu entwickeln, die einem Aspekt zeitgenössischer Kunst gewidmet sein soll. Kurator dieser Ausstellung war Prof. Dr. Stephan Schmidt-Wulffen aus Hamburg.

Die eingeladenen Künstler:
Franz Ackermann, Eija-Liisa Ahtila, Kai Althoff, Henry Bond, Tracey Emin, Oliver Hangl, Kerstin Kartscher, Jochen Klein, Anita Leisz, Peter Pommerer, Tobias Rehberger, Pipilotti Rist, Markus Schinwald.

Das neue, kuratorische Prinzip ließ eine intensive Ausstellungsatmosphäre entstehen, die eine junge, sehr intime und zugleich öffentliche Kunst vorstellte. Die RENTA Gruppe Nürnberg finanzierte Ausstellung und Katalog und erwarb eine Arbeit aus der Ausstellung für das Neue Museum in Nürnberg.

Londonreisende wissen es: Wer dort ankommt, informiert sich in time out, was in der Stadt los ist. Ausspannen, sich mit Freunden amüsieren, das Leben einmal wieder von seiner leichten Seite nehmen. Auch Künstler nehmen ihre "Auszeiten". Kunst ist bekanntlich auch "Betrieb" und dem muss man gelegentlich entkommen.
Das Aussteigen kann aber auch grundsätzlicher werden: Künstlerpositionen entwickeln sich zu Tendenzen; um Werke ranken sich immer mehr ästhetische Theorien; Namen werden zu Markenzeichen. Einige Künstler wenden diesem Betrieb den Rücken zu. Sie versuchen sich auszuklinken aus dem Kunstsystem, seinen Wertansprüchen, seiner Öffentlichkeit und beginnen aus den eigenen Bedürfnissen Maßstäbe abzuleiten. Diese private Wunschökonomie schließt die kleinere Öffentlichkeit der Freunde ein, mit denen sie ähnliche Erfahrungen verbinden, die Interessen und Weltsicht teilen. Bilder und Zeichen lassen sich leichter emotional aufladen und haben eine größere Glaubhaftigkeit. Eine pragmatische Kunst, die von den Kommunikationswegen ausgeht, die ihre Funktionstüchtigkeit bereits bewiesen haben.

Das Persönliche als Programm? Die "Sorge um sich", wie Michel Foucault es nannte, plädiert für Maßstäbe, die aus dem eigenen Handeln abgeleitet werden. Die künstlerischen Ausdrucksmittel werden genutzt, um die eigene Identität auszuloten. Die Lust an der Farbe, eine überraschende Form, das Spiel mit einem Stil werden zu Hinweisen; Sie erscheinen als die Resonanzen von Individualität.

Allzu rasch kann die Erforschung des Subjektiven allerdings als Rückzug von einem Kunstverständnis verstanden werden, das auch im künstlerischen Handeln gesellschaftliche Ordnung und politische Zwänge offen gelegt hat. Doch die Grenzen zwischen dem privaten Vergnügen und dem Beruf sind bei Künstlern fließend. Ihre Zeichnungen, Videos und Fotos sind durchsetzt von jenen Bildern, die sich in Kinos und Clubs, in Bars und beim Shopping anfinden. In allen Arbeiten bestätigt sich: Das Private ist auch das Öffentliche. Die Bilder der Fotografien, der Videos und Zeichnungen verbergen ihre Herkunft aus der Medienwelt nicht. Die Individualitäten, die diese Künstlerinnen und Künstler konstruieren, stehen in einem Spannungsverhältnis zu jenen Charakteren, die die Massenmedien liefern. Das Individuelle fluktuiert zwischen diesen kodifizierten Images. Identität läßt sich nicht mehr einlösen. Die Ausstellung zeichnet die Spuren einer Bewegung nach, die das Persönliche als ein Umherschweifen, einen Rollenwechsel begreift.

 

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