Kunstpreis der Nürnberger Nachrichten 2001«

30. August bis 23. September 2001.

Der »Kunstpreis der NÜRNBERGER NACHRICHTEN«  wurde dieses Jahr bereits zum neunten Mal vergeben. Die Hauptauszeichnungen gingen an die Maler Herbert Bessel (1. Preis) und Rainer Funk (2. Preis) sowie die Bildhauerin Katja von Lübtow (3. Preis).

Außerdem wurde erneut der unjurierte, persönliche »Sonderpreis des Verlegers der NÜRNBERGER NACHRICHTEN«, Bruno Schnell, verliehen. Diese zusätzliche, mit 15.000 Mark dotierte Auszeichnung erhielt die Malerin Chris Bruder. Die Preise sowie sieben Anerkennungen wurden zur Eröffnung der Ausstellung am 29. August überreicht. Erstmals ist dieser renommierte Wettbewerb zu Gast im KUNSTHAUS im Nürnberger Künstlerhaus. Die Ausstellung präsentiert insgesamt rund 100 Arbeiten von 54 Künstlerinnen und Künstlern.

Der »Kunstpreis der NÜRNBERGER NACHRICHTEN« zählt seit langem mit zu den wichtigsten Kunst-Ereignissen im nordbayerischen Raum. Der NN-Kunstpreis besteht seit 1993. Bisher wurden - die diesjährige Preisverleihung mitgerechnet - Auszeichnungen im Gesamtwert von weit über 400.000 Mark vergeben. Auch 2001 beträgt die Summe der Preise und Anerkennungen 44.000 Mark.

Die Ausstellungsteilnehmer und die Preisträger ermittelte eine unabhängige Jury unter der Leitung des früheren Nürnberger Kunsthallendirektors Curt Heigl. Der Jury gehörten an: Dr. Fritz Aschka (Verlag Nürnberger Presse), Michael Becker (Verlag Nürnberger Presse), Prof. Christine Colditz (Akademie der Bildenden Künste Nürnberg), Hans-Peter Miksch (KUNSTHAUS Nürnberg), Dr. Claus Pese (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg), Christian Rösner (NN-Kunstpreisträger von 2000), Johann Adam Stupp (Ehrenvorsitzender des Kunstvereins Erlangen).

Der Katalog zur Ausstellung (74 Seiten, 25 Mark) ist im KUNSTHAUS und in der NN-Geschäftsstelle Mauthalle erhältlich.

DIE AUSZEICHNUNGEN:

1. Preis (15.000 Mark) - Herbert Bessel
2. Preis (10.000 Mark) - Rainer Funk
3. Preis (5.000 Mark) - Katja von Lübtow

Anerkennungen (je 2.000 Mark):
Selcuk Dizlek, Béla Faragó, Walter Förster, Franz U. Janetzko,
Mathias Otto, Musole Foster Petulu, Achim Weinberg

Der mit 15.000 Mark dotierte »Sonderpreis des Verlegers der NÜRNBERGER NACHRICHTEN« geht an Chris Bruder.

 

1. Preis: HERBERT BESSEL

Gewürdigt werden darf das eindrucksvolle Werk einer höchst integren Künstlerpersönlichkeit. Dass Bessels Wesen geprägt ist von natürlicher Bescheidenheit, ja unaufdringlicher Noblesse, sollte nicht unerwähnt bleiben. Denn schließlich sind Wesen und Werk nur selten voneinander zu trennen. Bei Bessel wäre das eine ohne das andere kaum denkbar. Hier wie dort lassen sich dieselben Charakter-Eigenschaften erkennen: Sensibilität und Konsequenz, Gefühl für strenge Poesie und asketischer Ausdruck.

Der Maler, Zeichner und Glasbild-Schöpfer Bessel ist längst ein moderner Klassiker in unserer Region. Dass es den 1921 in Hamburg Geborenen nach dem Krieg nach Nürnberg verschlagen hat, darf für unsere Kunstszene als Glücksfall gewertet werden. Unauffällig und dennoch mit bewundernswerter Kontinuität hat der im Fränkischen heimisch gewordene Norddeutsche seine markante, unverwechselbare Handschrift entwickelt. Beginnend in der Gegenständlichkeit, fand Bessel früh schon zu einer ganz eigenen Variante der Abstraktion, der er sich bis heute treu blieb und die geprägt ist vom spannenden, zugleich zur Kontemplation einladenden Wechselspiel zwischen Statik und Dynamik, Fläche und Linie, meditativer Monochromie und feinfühlig gesetzter Farbigkeit.

2. Preis: RAINER FUNK

Der Maler fand eine sehr eigene, ja eigenwillige Sprache, mit der er vom Zauber der Südsee erzählt. Um die ganze Intensität ermessen zu können, die Funks Beschäftigung mit seinen Reiseerfahrungen prägt, sollte man wissen, dass sich dieser Künstler seinem großen Thema auch in kleinformatigen, kleinteiligen Grafiken widmet. Der Zeichner skizziert im filigranen Liniengeflecht den wuchernden Dschungel und die darin geborgenen menschlichen Behausungen. Der Maler Funk jedoch abstrahiert in einer immer wieder aufs Neue fesselnden Weise das tropische System. Die farbmächtigen, faszinierenden Blicke von den Gestaden der »Westküste« oder auf die flirrenden Luft- und Wasser-Schichten der »Tobasee« zeigen keine wirklichen, keine der Natur nur abgeschauten Ansichten.

Funk überhöht das Gesehene, in dem er es radikal reduziert auf lodernde, leuchtende Farbigkeit und eine Form, die ausschließlich die betörende Weite des scharf akzentuierten Horizonts zum Thema hat. So entstehen im besten Sinne tropische Stimmungsbilder voller atmosphärischer Tiefenschärfe. Bilder, die mit sanftem Sog auf den Betrachter wirken und uns so in einen wunderbaren, eindringlich suggestiven »Zustand der Schwebe« versetzen.

3. Preis: KATJA VON LÜBTOW

Katja von Lübtow besitzt ein ausgeprägtes Gespür für die verborgenen Spannungen von Form und Figur. Mit ihren eindrucksvollen Arbeiten wagt sie überraschende Balance-Akte auf mehreren Ebenen. Da ist zunächst die trittsicher absolvierte Gratwanderung zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion. Dann besticht die Souveränität, mit der zum Beispiel menschliche Körperteile quasi auseinander genommen werden, um in veränderter Komposition wieder zusammen zu finden. Und schließlich ist da diese raffiniert aufgebaute innere Dynamik, die den Skulpturen eine klug kalkulierte Dramatik verleihen.

Auch wenn in der afrikanisch inspirierten, über zwei Meter hohen Stahlplastik »Oshun II« ein zum Hieb emporgehobener Dolch die Figur überragt, so entsteht dabei dennoch keine vordergründige Kampf-Szene. Vielmehr geht es Katja von Lübtow auch hier vor allem um die Spannungselemente der Figur selbst. Die expressive Form korrespondiert mit dem dunklen, brüchig erscheinenden stählernen Material. Wobei am erstaunlichsten ist, dass trotz aller vehementen Bewegung das Werk letztlich ebenso »Im Gleichgewicht« bleibt wie die gleichnamige kleinere Arbeit neben dem Dolch-bewehrten »Oshun II«.

Sonderpreis: CHRIS BRUDER

In Chris Bruders Bildern nimmt der Mensch Gestalt an. Nie aber ist dies eine klare, eindeutige Erscheinung. Nicht ohne Grund verwischen die Konturen der Körper an den Rändern, tauchen die Figuren ab ins Ungewisse, ins Mehrdeutige, in die verstörenden Grenzregionen der Wirklichkeit. So entstehen Bilder, die zwar ihren Ausgang nehmen an der Oberfläche, denen es aber stets nur um eines geht: Nämlich unter die Haut des Seins zu dringen. Doch wenn solches gelingen will, genügt es nicht, sich allein auf die Visionen zu verlassen. Man muss ihnen auch begegnen können. Am besten mit der Meisterschaft des genauen, des sensiblen Sehens. Und mit der Meisterschaft des Handwerks. Chris Bruder verfügt über all dies.

Das im KUNSTHAUS präsentierte Diptychon »Im Augenblick« belegt Chris Bruders herausragendes Können und demonstriert zugleich, dass derlei altmeisterliche Finesse nicht um ihrer selbst willen bemüht wird, sondern in erster Linie Mittel zum Zweck ist. Diese Bilder verweigern sich jedem L'art-pour-l'art-Effekt; stattdessen dringen sie zwischen stummem Schrecken und spröder Schönheit in gedankliche und emotionale Tiefen. Und an die Oberfläche befördern sie den Blick auf eine Conditio Humana, an deren Gefährdungen nicht oft genug erinnert werden kann.

Anerkennungen

SELCUK DIZLEK
Blech und Eisen, das klingt hart, kalt, gefühllos. Der junge Bildhauer Selcuk Dizlek indes erweckt in den Metallwaren ganz andere Töne. Sein aus farbigen Blechflächen und verschlungenen, verschraubten Vierkanteisen gefertigtes Wandobjekt schmiedet aus dem eisernen Stoff konstruktive Heiterkeit.

BÉLA FARAGÓ
Dass der Mensch des Menschen Wolf ist, beschäftigt den Maler Béla Faragó schon lange. Selbst das Lachen gerinnt da zur hämischen Fratze. Und der "Countdown" zählt die Schläge, mit der die Kreatur von ihren Artgenossen gequält wird. So entstehen expressive Bilder von beklemmender Eindringlichkeit.

WALTER FÖRSTER
Für eine Überraschung sorgt der Zeichner Walter Förster, der bisher vor allem durch seine schwarzweißen, akkurat fixierten Architekturen bekannt war. Nun wagt sich der Künstler in die Weiten der Wüste. Das unbedingt sehenswerte, dezent farbige Resultat sind Blicke auf fein strukturierte Sandmeere, in denen Dünen sanfte Wellen schlagen.

FRANZ U. JANETZKO
Diese maritimen Kunststücke sind in der Tat aus einem Guss. Franz U. Janetzko überzeugt mit seiner betonierten »U-Boot«- Skulptur ebenso wie mit dem aus geschichteten Spanplatten gesägten »Dampfer«. Das hat sympathischen Charme, feinen Witz und lässt zugleich ein formal schlüssiges Konzept erkennen.

MATHIAS OTTO
Wenn auf dem leeren Aldi-Parkplatz nur noch eine Neonlampe ihr kaltes Licht verströmt, wenn sich Nacht über Poppenreuth legt und in der Ferne ein Gewächshaus unwirklich strahlt - dann sind wir in unserer Heimat angekommen. Mathias Otto zeigt in seinen intensiven Bildern die dunkel getönten Seiten, die magischen Momente des scheinbar Bekannten.

MUSOLE FOSTER PETULU
Die Masken der Menschen, Mächte und Magie sind hier keineswegs bedrohlich. Der gebürtige Angolaner Musole Foster Petulu schöpft aus dem reichen Motiv-Kosmos seiner Heimat und findet dabei zu wunderbaren Bildern, in denen Figur und Ornament, Natur und filigrane Form eine harmonische Synthese bilden.

ACHIM WEINBERG
Achim Weinberg verblüfft immer wieder durch seinen einfallsreichen Umgang mit profanen Kunst-Stoffen. Formte der Künstler früher Wellen-Objekte aus Plexi-Folien, so entdeckte er in jüngster Zeit das ästhetische Potenzial von Silikonschläuchen. Dass daraus sogar eine "Knospe" wachsen kann, ist fraglos eine weitere Anerkennung wert.

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