1. bis 22. August 1999
Zwei hauptsächliche Inhalte bringt Vornberger in seinem Werk zum Ausdruck: zum einem die erlebte Natur in Zeichnung und Malerei als Landschaft gestaltet, zum andern dynamische Strukturen, zum Menschenbild verdichtet.
Franz Vornberger kann beides souverän: sich in seinen Aquarellen in die Natur einer Landschaft einfühlen, so daß sie lebendig atmet und in ihren wesentlichen Gestaltungselementen Fläche, Raum und inneres Volumen dennoch den Erfahrungsschatz vom Barock bis zum Expressionismus spüren läßt - durchdacht und streng gestaltet.
Im wesentlichen sind sie pleinair, also vor Ort in der freien Natur entstanden und dieses Arbeiten vor dem Naturobjekt hat eine lange Geschichte, von den Zeichnungen Dürers auf seinen Reisen nach Venedig bis heute; das ist zeitlos, es ist eine unversiegliche Quelle der Kraft. Das empfindend scharfsichtige und verwandelnd denkende Auge des Künstlers nimmt das Außenbild der Dinge auf und läßt sie im Werk neu entstehen, parallel zur Natur, wie Cezanne sagte, verwandelt zum Sinnbild dessen, was der nicht nur vor sich Sehende, sondern auch in sich sehende Künstler wie Caspar David Friedrich zum Grundsatz machte.
Das andere souverän beherrschte Gestaltungsfeld Vornbergers ist die 'abstrakte' Bildkonstruktion aus dynamischen Elementen, die er aus der Gestalt des Menschen gewinnt, vorzugsweise aus Armen und Beinen mit Händen und Füßen, die er zu fast technoiden Gebilden umformt, so daß sie eine enge konstruktive Verwandtschaft in leidender Verflechtung eingehen. Die Bildtitel sagen es: das Leiden ist ein Hauptthema, in sechs Jahren Kriegserleben persönlich begründet, aber ganz ähnlich in ein Innbild, wie die erlebte Natur und dadurch zu einer archetypischen Allgemeingültigkeit erhoben, die ihre Bildwirklichkeit in der 'abstrakten' Form findet. Vornbergers Bilder beherrschen den Raum, in dem sie hängen, mit geradezu feierlichem Ernst, wunderbar nuancierten schwarzen und grauschwarzen Flächen eines tiefen Raumklanges, aber sie sind nicht unheimlich, sondern erfüllt von starken Kräften und von reifer Humanität. Schwarz und Grauschwarz, tieftönendes und warmes Dunkelblau, das an Yves Klein erinnert, Scharlach, gemahnend an Königsund Leidenspurpur, blutiges Rot, das gerade erst zu stocken beginnt, und sich steigernde Grau- und Weißtöne erzeugen eine kraftvolle Melancholie wie die Lyrik von Georg Trakl. Diese Klänge tragen den harten Rhythmus der Leidensdynamik, in die der Mensch als Opfer seiner selbst gespannt wird in einer schauerlichen Verformung, als Gebilde organischer Natur nur noch in wenigen Bildelementen erkennbar. Archetypisch wie das Bild des Leidenden und deshalb Klage und danach erst Anklage ist auch Vornbergers Abrechnung mit unserem Jahrhundert im Triptychon »Fin XX sc«. Es beginnt mit Strömen von Blut und Leid, die nie versiegt sind, und endet in zerrissenen Formen vor einer Vision von hoffnungslosem Grau, das aber nicht verfließt und resigniert, sondern am Ende mit einem Urschrei aus grellem Weiß und Schwarz abbricht. Kraft und Vitalität, das sind unsere Chancen. Die Klage gewinnt die Formkraft hoher Kunst, so wie es selbst im verzweifelten Gedicht »Grodek« von Georg Trakl zu spüren bleibt:
»O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz, die ungebornen Enkel.«
Diese Kraft besitzt der Mensch und Künstler Franz Vornberger auch in seinem 80. Lebensjahr.
Text von AxeI Janeck