Ausstellung "Und der Gewinner ist ..."

Die Nahrungskette der Kunst - 17.04.2012

NÜRNBERG  - Kunst ist kein Glücksspiel und das Kunsthaus Nürnberg kein Kasino. Dass die neue Ausstellung dort "Und der Gewinner ist ..." heißt, macht trotzdem Sinn: Am Beispiel von 22 Akademie-Absolventen aus drei Jahrzehnten soll der Blick auf die existenzielle Bedeutung von Kunstförderung durch Preise und Wettbewerbe gelenkt werden.

Die Kunsthaus-Schau wird offiziell von der „Kunstvilla“ präsentiert, die nach dem Umbau in der Blumenstraße im Jahr 2014 ihre Pforten öffnen soll. Villa-Chefin Andrea Dippels Idee, mit ihrer Gast-Ausstellung im Künstlerhaus dem System Kunst-Wettbewerb „Gesichter“ zu geben, hat was. Und mit sehenswerten Preisträger-Porträts des Fotografen Stephan Minx reichert sie die Erwartungen im Kunsthaus-Gang durchaus an.

Dann wird es komplizierter. Um dem Auftrag der Kunstvilla als „regionale Galerie“ gerecht zu werden, hat Dippel als Kuratorin auf den Fundus des „bundesweiten Wettbewerbs von Studierenden der deutschen Kunsthochschulen“ zurückgegriffen. Das Bildungsministerium trägt diese Präsentation seit 1983 in Bonn aus. Seither stellten sich jeweils auch zwei Akademie-Absolventen aus Nürnberg dem deutschen Vergleich. 22 von 28 konnte Dippel für ihre eigene Ausstellung gewinnen – allerdings sind nur die Werke von damals zu sehen. Was mehr als ein Schönheitsfehler ist.

Eine Gegenüberstellung von gestern und heute, die künstlerische Weiterentwicklungen sichtbar macht, liefert erst der Katalog. Dass die Schau auf diesem Spielbein lahmt, begründet Dippel mit Platzgründen.

Nun ist das Kunsthaus mit seinen vier Räumen samt des bespielbaren, breiten Ganges nicht etwa ein winziger Ausstellungsort. Exemplarisch weniger Künstler zu zeigen, doch diese jeweils mit Spannungsbogen, hätte der Schau gutgetan.

Herausgekommen ist somit eine „klassisch“ präsentierte Gruppenausstellung, in der sich interessante Positionen finden lassen, doch kaum eine überrascht, da etliche der ausstellenden Künstler aus der Region und bei hiesigen Kunstpreis-Veranstaltungen alte Bekannte sind. Frisches ist rar.

Okay, dass man Staub auf Kunst relativ bewerten kann, bringt inmitten des Gezeigten keiner besser auf den Punkt – beziehungsweise auf Schaschlickstäbchen – als Matthias Böhler: Seine filigrane Installation „Forst“ von 2007 besteht aus Esshölzchen, an denen Hausstaub klebt wie Geäst. In einer an Caspar-David Friedrich gemahnenden weißen Landschaft aus Styroporbrocken sind es Stacheln im Fleisch der Romantik.

Auch nicht schlecht: Benjamin Zuber, Teilnehmer von 2012. Er mag seine „Sushi“-Röllchen aus Klopapier im Rahmen der erquicklichen Installation „Charles-Darwin-Ring“ über die Nahrungs- und Entwicklungsgeschichte des Menschen zwar ebenfalls schon mehrfach gezeigt haben – neben Bonn an der Nürnberger Akademie. Doch sie einzubinden wirkt prägnanter als etwa frühe Skulpturen aus Messing und Stahl von Peter Fidel – da der Künstler doch selbst sagt, sich längst Materialien zugewandt zu haben, die weniger „Millimeterarbeit", dafür mehr Seele beinhalten.

Auch Lisa Haselbek trat, bei aller Formensprache ihrer Zeit, Ende der 80er Jahren an, als frischgebackene Akademie-Absolventin eifrig das Tafelbild aufzubrechen; dass ihr heute eine andere erstaunlichere „Malerei, die ohne Malerei auskommt“ gelingt, indem sie zum Beispiel mit bunten Reflektoren, Metall und Schrauben Fassaden-Bilder erfindet – das zeigt ebenfalls erst der Katalog. Oder man erfährt es in einer der angebotenen Führungen.

Die gemalten Blüten von Thomas May sind gemäß seiner Ursprungsidee an der Decke verspannt, stammen sie doch aus einer Zeit, als sein „Grashalminstitut“ noch nach Bodenhaftung trachtete. Christian Fauls Schelmenstück, altmeisterlich eine Kopie von da Vincis „Dame mit dem Hermelin“ anzufertigen und in Krakau seitenverkehrt dem Original gegenüberzuhängen, ist in einem Leuchtkasten dokumentiert. Und Michael Roggon zeigt im Film, wie man „Schönheit übt“. Konkret, wie er Fundsachen auftürmt und durch andere zum Einsturz bringt – was zumindest eine Ahnung davon vermittelt, was er meinen könnte. Hier mag das reichen. Was die Fragestellungen der Schau betrifft, genügt es nicht.

Christian Mückl, Nürnberger Zeitung

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