Kunsthaus zeigt Sammlung eines fiktiven Japaners
Ausgewählte Objekte aus der Sammlung Yasha Fukurô zeigt derzeit das Nürnberger Kunsthaus im K 4. Wenn Sie von diesem Japaner noch nie etwas gehört haben, dann hat das gute Gründe...
Zu seiner Sammlung befragen kann man Yasha Fukurô leider nicht mehr. Der Japaner ist verstorben, als Nachlassverwalter hat er drei junge Nürnberger Künstler eingesetzt. Matthias Böhler, Sebastian Hein und Christian Orendt haben für die Ausstellung im Kunsthaus sorgfältig verschiendenste Objekte - von Kinderzeichnungen bis hin zu zeltartigen Kuppelbauten - ausgewählt und konzeptionell zusammengestellt. Allzu viel ist von dem Sammler nicht überliefert, aber wir wissen, dass er erstens stinkereich war und zweitens etwas von Bruce "Batman" Wayne hat.
Wer nun zweifelnd die Stirn runzelt und sich fragt, warum man diesen mysteriösen Kunstliebhaber nicht bei Wikipedia findet, dem sei gesagt: Alles kein Wunder, denn den Herren gibt es gar nicht. Erdacht wurde der fiktive Sammler von Böhler, Hein und Orendt. Die Objekte für die aufwändige Zusammenstellung hat das Trio zum großen Teil selbst gefertigt, aber auch Kollegen eingeladen.
Auf den ersten Blick wirkt die ganze Sache ziemlich verkopft: Tatsächlich ist es auch eine Ausstellung geworden, bei der ein gerüttelt Maß an Hintergrundwissen gewiss nicht schadet. Lässt man sich aber auf die Idee ein, hat man viel zum Schmunzeln - und zum Nachdenken.
Die "Encyclothek" (eine Mischung aus Videothek und einer Anspielung auf die großen Enzyklopädieprojekte des 18. Jahrhunderts) ist in sechs Bereiche aufgeteilt. Yasha Fukurôs Lieblingsobjekte machen den Auftakt. In einer Vitrine sind rätselhafte Püppchen und Figuren zu sehen, die angeblich übersinnliche Kräfte besitzen und mit denen man zum Beispiel Menschen verzaubern kann. Wichtig waren dem Sammler aber offensichtlich auch 48 Origami-Soldaten, die er auf einem Flohmarkt erworben hat.
An ein paar Filmplakaten vorbei (die Filme von Felix Burger bzw. Robert Kjær Clausen, Steffen Jørgensen und Allan Nicolaisen sind tatsächlich im Filmhaus zu sehen) geht es weiter zu einem Kostüm der Rächerfigur "Owlman", mit der sich der Japaner identifiziert haben soll, im Raum daneben hat Künstler Stefan Eichhorn eine Installation mit teils begehbaren, so genannten geodätischen Kuppelbauten in Anlehnung an den Architekten Buckminster Fuller geschaffen. Ein anderer Raum ist mit einer Installation von Benjamin Greber bestückt, der die fiktive Firma Almagia in den Mittelpunkt rück, von deren Allmacht Fukurô fasziniert war.
Womit wir bei der Quintessenz der Ausstellung wären - sie dokumentiert in weiten Teilen das Interesse des erfundenen Japaners am menschlichen Streben nach Macht, nach Wissen, nach Vision, bei der der Grat zum Größenwahn schmal ist - er nannte etwa ein Modell von "Atlantropa" sein Eigen, ein Staudammprojekt von Herman Sörgel (1885-1952), der das Mittelmeer teilweise trockenlegen und somit Neuland gewinnen wollte.
Eine packende und rätselhafte Figur, dieser Yasha Fukurô, dem sich der Ausstellungsbesucher auch nur in Teilen annähern kann. Helfen sollen dabei die auf Deutsch, Englisch und Japanisch verfassten Objektbeschreibungen (schließlich rechnet man augenzwinkernd damit, hier eine international beachtete Blockbuster-Ausstellung zu liefern). Eine Führung schadet auch nicht - die gibt's sowohl mit den Künstlern als auch mit dem Kunst- und Kulturpädagogischen Zentrum.
Mittwoch, 18. Januar 2012
Susanne Helmer - Nürnberger Nachrichten