Von Menschen und Mäusen

Start im neuen Domizil: Das KUNSTHAUS Nürnberg zeigt im Künstlerhaus den »KunstRaumFranken«

Draußen, im provisorischen Eingangsbereich, sollte man darauf achten, wohin man guckt. Die K4-»Hauskunst«-Schau hat nämlich nichts zu tun mit dem »KunstRaumFranken«, der sich im Nürnberger Künstlerhaus zwei Glastüren weiter eröffnet. Denn nur wo KUNSTHAUS draufsteht, ist auch entsprechende Qualität drin.

Das KUNSTHAUS - und mit ihm die »Aktionsgemeinschaft Nürnberger Künstlerhaus« - ist nun also, nach 16 Jahren an der Karl-Grillenberger-Straße, im Künstlerhaus am Königstor angekommen (wir berichteten). Der Name wurde damit zwar etwas komplizierter, das »KUNSTHAUS im Künstlerhaus« aber auch größer, schöner, komfortabler. Und die erste Ausstellung im neuen Domizil demonstriert Kontinuität und Veränderung zugleich. Die fünfte Folge der seit 1984 bestehenden »KunstRaumFranken«- Reihe nämlich knüpft einerseits an die solide Arbeit des KUNSTHAUS-Teams um Hans-Peter Miksch und Jochen Bleistein an. Andererseits dokumentiert die Kollektion mit Arbeiten von 31 Künstlerinnen und Künstlern, wie vital und immer wieder überraschend die Szene vor Ort ist.

Der Start in »eine neue Ära« (Miksch) ist gelungen, auch wenn vielleicht für die Besucher wie auch die Ausstellungsmacher die neuen Räume noch etwas gewöhnungsbedürftig sein mögen. Der lange Gang zwischen dem provisorischen Eingang an der Königstorgrabenseite und dem zukünftigen am derzeit entstehenden gläsernen Kopfbau sowie die vier großen, von dieser zentralen Achse abzweigenden Räume mit ihren Fensterfronten sind nicht ganz einfach zu »bespielen«. Dass dies dennoch und selbst bei einer heterogenen Gruppenschau wie dem »KunstRaumFranken« überzeugend gelingt, spricht für die Qualität der Arbeiten ebenso wie für die gestalterische Fantasie des KUNSTHAUS-Teams.

Aus 250 Bewerbungen hat die siebenköpfige Jury ein kontrastreiches Panorama aktueller Stile, Themen und Tendenzen ausgewählt, wobei die Form der Präsentation Malerei gleichrangig neben Installationen, feingliedrige Zeichnungen neben Video- und Fotoarbeiten bestehen lässt. Im Gang ist das kleinste Werk zugleich das einrucksvollste: Regina Pemsls wunderbare »Lichtzeichnung«, zu betrachten durch einen kleinen Dia-Gucki. Dahinter dann eine trotz der Klarsicht-Plastikbälle etwas undurchsichtige Installation mit dem Titel »Arbeit über Arbeit« vom Duo Krüskemper/-Sadlowski sowie Andreas Oehlerts Kunst-Baum, dessen etwa 6000 Blätter auf diversen Kissen und dem Boden verstreut liegen.

Gut gebündelt wurden die unterschiedlichen Positionen in den vier Räumen. Da ergibt sich mit Jürgen Durners Fensterbildern, Pirko Julia Schröders fotografischen Wandkasten-Täuschungen, Udo Kallers sechsteiliger Porträtserie eines hundertjährigen Frauenkopfes oder Uschi Neuwerts komischer »Kanalentenfamilie« ein Realismus-Kabinett mit vielfachen Brechungen zwischen Ding und Mensch. Aufgetischt hingegen wird ein Zimmer weiter, wo Ralf Siegemund ein buntes Teller-»Märchen« erzählt und Berit Klasing Schokoladengeschirr drapiert hat. Direkt daneben die Abteilung Linie und Ornament: Zeichenhaft-grafisches von Renate Sellesnick und Klaus Hack sowie ein von Christine Ackermann aufs Fenster dekorierter »Liebe«-Gruß.

Im Raum-Doppel gegenüber unter anderem konstruktive Akzente mit formal strengen Arbeiten von Hans Karl Kandel, Markus Kronberger und Waldemar Bachmeier. Dazu eine Referenz an Oskar Koller, ohne den die KUNSTHAUS-Initiative wohl kaum in Bewegung gekommen wäre, und schließlich Klaus Haas’ »Frühstück«-Video, das ein Mäusepaar zeigt, das munter über einen reich gedeckten Tisch turnt. Ein Beitrag, der auch gut neben die erwähnte Schoko-Installation gepasst hätte. Doch abgesehen von solchen Kleinigkeiten, macht dieser Blick in den »KunstRaumFranken« durchaus Appetit auf mehr.

Von: MICHAEL BECKER, Quelle: Nürnberger Nachrichten

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