JOHANNES KAHRS Tropical Nights

03. April bis 22. Juni 2014

Er gilt als einer der heimlichen Stars des Kunstbetriebs, und das darf man gerne wörtlich nehmen, denn Einzelausstellungen des in Berlin lebenden Künstlers Johannes Kahrs (geboren 1965 in Bremen) sind äußerst rar, jedenfalls in Deutschland. Unter dem Titel Tropical Nights waren in der Kunsthalle Nürnberg 26 aktuelle Gemälde versammelt, die sowohl frisch aus dem Atelier wie auch aus Privatsammlungen in Europa und den USA kommen. Sie wurden erstmals in einem größeren Zusammenhang gezeigt und belegten bisher kaum bekannte, aber zentrale Aspekte des malerischen Werkes.
Obwohl Johannes Kahrs in seinen Bildern strikt vermeidet, Geschichten zu erzählen, rufen die Figuren, Objekte, Orte und Stimmungen schlagartig Erinnerungen des Betrachters auf und lassen an allgemein bekannte Situationen denken. Die motivischen Vorlagen für seine suggestiven Gemälde liefern Filme oder Bilder aus Politik, Showbusiness und Werbung, aber auch selbst aufgenommene Fotos und Videos. Die Ästhetik dieser fotografischen Schnappschüsse als schnelle Informationsquellen inklusive ihrer Fehler wie schlechte Beleuchtung oder Lichtreflexe, prägt zunehmend unsere Wahrnehmung der Welt.
Die paradoxe Übertragung solcher Bilder in das (langsame) Medium der Malerei kann die Botschaft jedoch auch mit Fragen und widersprüchlicher Bedeutung aufladen, wenn Kahrs die Motive aus dem ursprünglichen Zusammenhang isoliert und sie in die Malerei überträgt. Seine Malerei umfasst Genres wie Akt, Porträt, Interieur, Landschaft oder Stillleben, wechselt von glühend farbigen zu grauen Bildern (und vice versa) und verbindet abstrakte und gegenständliche Bildpartien. Dabei liegt der Fokus oft auf Momenten körpersprachlichen Ausdrucks, wie etwa der Bewegung einer Hand, dem Lächeln oder der Wut im Gesicht einer Frau. Es sind im Grunde flüchtige Gesten, Haltungen oder Stimmungen, die stets nahe an Klischees sind und die in dieser unvermittelten Nahsicht nicht nur ort- und zeitlos, sondern auch vertraut und fremd zugleich wirken. Wenngleich solche Szenen aus der Privatsphäre anderer Menschen längst aus Film, Fernsehen oder dem Internet vertraut sind, fühlt man sich dennoch wie ein Voyeur in fremden Schlafzimmern. Die Malerei übernimmt hier den medial bekannten Blick der Fotografie, doch sie vermag ihm auch eine besondere Aura und Authentizität zu geben.
In Kahrs' intensiven Bildern verbergen sich Dramen und Rätsel. Sie balancieren auf einer imaginären, oszillierend unscharfen Grenze zwischen Fiktion und Realität und wirken, wie zum Beispiel auch Werke von Francisco de Goya oder Francis Bacon, gleichzeitig anziehend und erschreckend.
Erstmals werden auch die sogenannten Video notes gezeigt: mit der Kamera dokumentierte, beiläufige Situationen des Alltags, die sich manchmal in den Gemälden wieder entdecken lassen.

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