Letzte Schau am alten Ort: Arbeiten von Gisela Hoffmann und Martin Wittwer im Nürnberger KUNSTHAUS
Mit einer kleinen, aber buchstäblich feinen Ausstellung verabschiedet sich das Nürnberger KUNSTHAUS nach 16 Jahren von seinem angestammten Domizil. Mitte Dezember beginnt der lang ersehnte Umzug ins frisch restaurierte Künstlerhaus. Die Finissage am alten Ort bestreiten Gisela Hoffmann und Martin Wittwer, die in diesem Jahr den Debütantenpreis des Nürnberger Berufsverbandes Bildender Künstler (BBK) erhielten. Die mit einem Katalogzuschuss von jeweils 6000 Mark dotierte Auszeichnung fiel damit an zwei künstlerisch bereits sehr ausgereifte Debütanten.
Der 39-jährige Gold- und Silberschmiedekünstler Wittwer erweist sich als ein findiger Meister des Steckens und Faltens. Die einzelnen Elemente seiner Schmuckkunststücke - aus Silber und Gelbgold, aber auch aus unedlen Materialen, wie verzinkter Stahl, Aluminium oder Polykarbonat - fügen sich durch ausgeklügelte Steckverbindungen zu Ketten und Armreifen. Eine Perle aus Rosenquarz etwa ist Scharnier und Schmuck zugleich. Zwei U-förmige Elemente, ineinander geschoben, ergeben einen variablen Armreif, einer Handschelle nicht unähnlich. Durch schlichte Faltung entsteht eleganter Fingerschmuck.
Der Nürnberger arbeitet ausschließlich mit solchen »kalten Techniken«, die ohne Schmelzen und Löten auskommen, und schafft damit Schmuckkonstruktionen, die oft einem raffinierten Steckpuzzle ähneln. Dass alles auch tragbar ist, sich selbst scharfkantige, sperrige Kreationen kleidsam um den Hals schmiegen, beweisen sechs großformatige Fotografien. Wer nach dem passenden Behältnis für das ausgefallene Schmuckdesign sucht, wird bei Wittwer übrigens auch fündig. Der kleine aufblasbare »Pneu Boy« ist ein pralles Verpackungskunststück, das ebenso originell wie funktional ist.
Den Blick vom schönen Schmuckstück in der Vitrine auf den Raum lenkt Gisela Hoffmann, die 37-jährige Textilkünstlerin aus Roßtal arbeitet mit Kunstlicht, Nylon- und Polyestergewebe und schafft damit transparente raumbezogene Installationen mit osmotischem Effekt. Die Ebenen von Raum und Objekt scheinen miteinander zu verschmelzen. Als kaum sichtbare Bänder sind schmale weiße Gazestreifen vor die Wand gespannt. Wie von geheimer Hand gezeichnet, entstehen so zarte Licht- und Schattenlinien. Auch grau eingefärbte Polyesterbänder lassen eher Schatten assoziieren als konkrete Materialität.
Im obersten Stockwerk sind fünf viereckige Säulen aus weißem Nylon zwischen Decke und Boden gespannt. Wie architektonische Elemente ragen sie im Raum auf, wobei die changierende Transparenz des Materials eine lichte Helligkeit erzeugt. Hoffmanns Installation verengt den Raum nicht, sondern lässt ihn größer und weiter erscheinen. Ein letztes nachhaltiges Raumerlebnis, bevor das KUNSTHAUS diesen Ort verlässt.
Von: REGINA URBAN, Quelle: Nürnberger Nachrichten