Liebling, hier sind die Ideen!

Liebling, hier sind die Ideen!

Die erste vom Beratergremium für das Kunsthaus zusammengestellte Schau "Komm auf den Boden, Liebling" begeistert mit teils politischen IdeenNürnberg  -  Die gewöhnliche Raufasertapete ist bisher nicht gerade in den Kontexten von "Bildender Kunst", "Spannend" oder gar "Provokation" in Erscheinung getreten. Auch dass die Raufasertapete im Politischen verortet wäre, konnte man dieser eher biederen Wandverkleidung beileibe nicht unterstellen. Das ändert sich nun in der siebenteiligen Gruppenausstellung "Komm auf den Boden, Liebling!", die ab heute (bis 20. März) im Kunsthaus des KuKuQ zu sehen - und zumindest in zwei Positionen zu bewundern - ist.

Die erste vom Beratergremium für das Kunsthaus zusammengestellte Schau zeigt nämlich unter anderem die Arbeit "Who Killed Elisabeth van Dyck" des ehemaligen Akademie-Studenten Thomas Kilpper. Aus der Raufasertapete an der Wand hat er die Buchstaben des englischen Fragesatzes herausgeschnitten. In der nun nackten Wand und auf dem braunen Boden erkennt man deutlich, was vorher verborgen war - zusätzlich überhöht durch den Ort - einem Raum des ehemaligen KOMM. Aus dem Untergrund tritt dem Betrachter der Enthüllungsgedanke entgegen und konfrontiert ihn mit der provokanten Frage nach dem noch immer nicht aufgeklärten Tod der damals 28-jährigen Elisabeth von Dyck, die der Zugehörigkeit zur RAF verdächtigt und dann 1979 in Nürnberg von hinten von Polizisten erschossen wurde.

Auch Thomas May feiert eine kleine (vielleicht überfällige?) Re-Politisierung der Kunst in Nürnberg. Seine Raum-Installation aus "1000 Pionierpflanzen" auf einer nachgebildeten "Großen Straße" des Reichsparteitagsgeländes erinnert an die wachsende Macht der scheinbar Kleinen (Pflanzen), die sich in die Ritzen des für 1000 Jahre erbauten Monumentalbaus setzten und ihn Kraft ihrer Wurzeln in 60 Jahren zerstörten. Wer mag, kann sich über Podeste sogar an "Führers" Platz stellen und über die idyllisch gehängten Pflanzenreihen blicken - um die wunderbare Pointe zu verstehen, dass hier nichts in Reih und Glied steht.

Ladislav Zajac hat im Kunsthaus-Gang den Weg des Lichts auf den Boden in acht Säulen sichtbar gemacht, ganz direkt geht Michael Schrattenthaler das "Boden"-Thema mit einer Parkett-Installation an. Boden der Tatsachen? Nö, mit großartigen Ideen schwebt diese Gruppenausstellung weit über das Mittelmaß hinaus.

2. Februar 2011
Abendzeitung - M. Mai

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