Traum und Albtraum im Schleudergang

Heute eröffnet im Kunsthaus der zweite Teil der diesjährigen Debütantenausstellung

Eine Schafsherde knabbert genüsslich an Filzpantoffeln, eine Waschmaschine hat sich für ihr Porträt im Wald mit einem Geweih an seiner Frontseite aufgehübscht. Es sind im weitesten Sinne Idyllen, die die 28-jährige Akademie-Absolventin Tessa Wolkersdorfer mit Tusche und Acryl auf ihren Leinwänden abbildet. Zusammen mit dem kreativen Plagiateur André Debus ist sie in den Genuss der diesjährigen Debütanten-Förderung des BBK Nürnberg gekommen, die neben einem Werkkatalog auch eine Ausstellung im Kunsthaus beinhaltet.

Ab heute kann man dort durch Wolkersdorfers Wälder voll Hirschgeweih tragender Waschmaschinen traumwandeln. Dort findet man immer wiederkehrende Motive wie Schafe, Waschmaschinen, Filzpantoffeln oder Bananensplits, die erst einmal Wohlbehagen bereiten. Doch diese Elemente schleudert sie für die Bilder so lange in ihrer Surrealismus-Waschmaschine durcheinander, bis die Unschuld der Idylle getrübt ist.

Wolkersdorfer bewegt sich dabei leichtfüßig in der Grauzone zwischen Traum und Albtraum, zwischen Anziehendem und Abstoßendem. Auf einem Gemälde ist eine Frau zu sehen, die an einer Seeterrasse auf einer Bananenstaude Platz genommen hat, auf ihrem Schoß ein Bananensplit, von dem die Schokolade auf ihr weißes Kleid tropft. Man betrachtet dieses Bild und wird einfach nicht schlau, ob diese Frau jetzt ein unappetitlicher Bananenfriedhof oder ein liebenswürdig-rundliches Bananenbiest ist. Das Ergebnis spielt dann keine Rolle mehr - denn es reicht, dass man in der Märchenwelt gefangen ist.

mt,  abendzeitung vom 10. November 2010

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