Schelmische Deutungs-Landschaften

Akademie-Studenten der Klasse Baranowsky zeigen im Kunsthaus spannende Werke

Puh, noch weiter hätte man die einordnenden Begriffe gar nicht wählen können. "Landschaft" und "Zeit" ergeben eben Unmengen an Deutungsmöglichkeiten, unter denen man die Video-, Raum- und Audio-Installationen, Fotografien, Collagen und Animationsfilme der Ausstellung "landscapes of time" subsumieren kann. Erstaunlich, dass die Werke der Kunstakademie-Klasse Heike Baranowsky, die in einem Workshop mit der Künslerin Judy Price entstanden sind, in ihrer Vielfalt zwingend sind.

René Hüls wirft die Frage nach dem eigenen (menschlichen) Standpunkt auf. Im Maßstab 1:4 hat er in seiner "Ontologischen Vernissage" originalgetreu bis hin zum Parkett einen Ausschnitt des Ausstellungsraumes nachgebaut, projiziert diesen mittels Kamera und Beamer an die Wand. Die ewige Betrachtungsschleife stellt Raum und Zeit in Frage, konfrontiert am Ende mit der letzten Wahrheit: dem Tod in Form eines Skeletts.

Zum Aspekt Biografie gehört Lena Mayers Werk: eine großformatige Collage aus Notizen, Briefen, Fotos, die zur eigenen Lebenslandschaft zusammengesetzt sind.

Marianne Vordermayr arbeitet sich an der Lebenswirklichkeit ihrer Großmutter ab, fotografierte beeidruckende Stilleben, zeitlose Blaupausen der Nachkriegsgeneration. Großartig auch Julia Tschorschkes mit düsteren Soundscapes unterlegte Animation von Architektur-Fragmenten. Sie verfremdet am Computer Fotos von tatsächlich existierenden Gebäuden aus Italien und montiert sie zu einer bedrohlich-faszinierenden Schau der reinen Formen zusammen. Zwischen Natur und Künstlichkeit pendelt Michael Seidners schelmische Installation "Wir sind eins", in der ein ausgestopfter Fuchs im Kunsthaus-Flur steht, eingerahmt von einer Landschaft aus Motte und Schmetterling.

M. Mai
Abendzeitung, 18.3.2010

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