Gelungene Premiere: Der BBK lädt zur ersten "Großen Kunstausstellung Nürnberg"
München hat sie, Düsseldorf hat sie - jetzt gibt es auch in Nürnberg die
"Große Kunstausstellung". Organisiert wurde die ehrgeizige Premiere vom
Berufsverband Bildender Künstler (BBK), der sich damit zugleich aus dem
Kunsthaus verabschiedet.
Der Auszug aus dem angestammten Domizil geschah bekanntlich nicht
freiwillig. Nach endlosen Querelen um Ausstellungskontingente und
Qualitätsansprüche hatte der Kulturausschuss im Herbst 2009 der
Aktionsgemeinschaft Nürnberger Künstlerhaus (ANK), zu der der BBK als
größter Verband gehörte, das Hausrecht im Kunsthaus entzogen. Der ANK
löste sich zum Jahresende auf, das letzte BBK-Projekt ließ sich jedoch nicht
mehr absagen. Ein Glück, muss man angesichts dieser Schau feststellen,
die genau jene Offenheit und thematische Stringenz beweist, die man in den
Vorjahren oftmals vermisst hat.
Krise, Wandel, neue Wertsuche waren die Stichworte, unter denen der BBK
die Ausstellung bundesweit (und unabhängig von der Verbandszugehörigkeit)
ausgeschrieben hatte. Aus 540 Bewerbungen wählte ein Fachjury 66 Kunst-
schaffende aus, deren Arbeiten sich in den vier Räumen um die Themen
"Mensch", "Natur", Weiß" (für optimistisch) und "Schwarz" (für pessimistisch)
gruppieren.
"Was bleibt in der Wirtschaftskrise, sind Essen und Sex". Gabi Dräger bringt
es im gift-gelben Bild mit Pin-up-Girl und Fleischwurst drastisch auf den Punkt.
Die meisten Künstler spüren der aktuellen Gefühlslage jedoch sensibler nach,
umkreisen im "Menschen"-Raum Isolierung und Fremdbestimmung. Zu den
stärksten Bildern gehört Maxim Karikhs "Stuhl" im goldenen, leeren Zimmer.
Die "Natur" gerinnt vielfach zu monotonen Stadtlandschaften - großartig
in seiner Düsternis: Axel Gerckes Winteransicht vom Nürnberger Hauptbahn-
hof. Wirklich morbide wird es im "Schwarzen Raum": Ein Stelenfeld aus Wachs
und Beton von Petra Göhringer-Machleid, Wolfgang Stefans marmorne Grab-
platte, drei unheimliche, schwarze Pferdeköpfe von Uta Grün und Charlotte
von Elms Familiengeschichte aus bitterarmen Zeiten beschwören die Schrecken
von Leben und Tod.
Als Kontrast dazu erlebt man im "Weißen Raum" beflügelnde Ausblicke in
die Welt der Fantasie und Harmonie. Anmutiges Sinnbild für den Traum vom
Fliegen sind Anne Karen Hentschels weiße Figuren mit ausgebreiteten Armen.
Hinter ihnen weist Andy Scholz' Foto-Triptychon eines luftigen Vorhangs den
Fluchtweg in die Freiheit. Zuvor aber gibt es noch vieles zu entdecken in
dieser insgesamt sehr gelungenen "Großen Kunstausstellung". Eine Fort-
setzung, auch an anderen Orten, ist laut Frank Hegewald und Walter
Hettich vom BBK-Vorstand nicht ausgeschlossen.
R.U.
Nürnberger Nachrichten