Schwebende Erinnerungen und in Beton gegossene Augenblicke

Nürnberger Zeitung vom 7. Mai 2009

Augenblicke sind Ausschnitte des Erlebens. Selten bewusst wahrgenommen, vergehen sie unbemerkt. „Sie schweben“, um es mit den Worten der Keramikerin Angelika Krauß zu sagen. Krauß, die gemeinsam mit 42 fränkischen Künstlerinnen im Kunsthaus ausstellt, versucht in ihrer Arbeit „Archiv der Momente – Weißt du noch?“ gezielt Augenblicke aus dem Schwebezustand zu reißen und für längere Zeit zu konservieren. In Schalen aus lichtdurchlässigem Limogesporzellan finden sich so allerlei Erinnerungsstücke und laden, drapiert auf einem bunt gedeckten Tisch, den Betrachter zum Platznehmen ein. Einen Augenblick überhaupt zeitlich zu definieren scheint zwar unmöglich, jedoch nahmen sich die Künstlerinnen der GEDOK Franken in ihrer aktuellen Jahresausstellung „Die Schönheit liegt im Augenblick“ eben diesen, je nach Betrachtungsweise kurzen oder langen Zeitabschnitt an. Nach einer Vorauswahl aller eingereichten Werke sind nun 55 Arbeiten im Kunsthaus zu sehen, die das Thema jeweils auf eigene Weise einbinden oder gar hinterfragen. „Konsens über den bestimmenden Begriff der Schönheit sei in den einzelnen Werken sicherlich nicht erkenntlich“, so die Vorsitzende der Fränkischen Gruppierung Ingrid Gloc-Hofmann.
Die GEDOK selbst engagiert sich seit über 80 Jahren als Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstförderer in lokalen Zusammenschlüssen. Der 1987 gegründete fränkische Verband zähle dabei, so Gloc-Hofmann, rund einhundert aktive Künstlerinnen. An Mitgliederzuwachs zur speziellen Förderung der weiblichen Kunstszene sei man trotzdem interessiert und versuche gezielt, verschiedenen Techniken und Arbeitsweisen Raum zu bieten. Die aktuelle Ausstellung bietet neben Werken klassischer und angewandter Kunst, wie Gemälden, Fotografien und Skulpturen auch ein musikalisches Rahmenprogramm. Am 23. Mai wird anlässlich der Blauen Nacht die Performance „Lichtbewegt vom Firmament“ der Künstlerin Agathe Meier zu sehen sein.
Die Videokunst der gebürtigen Duisburgerin Uli Falke scheint ein wenig aus dem Rahmen zu fallen. Die schabenden und knackenden Geräusche ihrer Videoproduktion verwirren den Besucher zunächst beim Betreten des Raumes. Tatsächlich werden dem Betrachter nur die Hände der Künstlerin gezeigt, die fein säuberlich Bohnen aus bräunlichen Schalen befreit. Begleitet von großformatigen Fotografien strahlt die Produktion und der abgefilmte, sich immer wiederholende Bewegungsablauf etwas Meditatives aus. Eine zentrale Aussage bleibt jedoch für den Betrachter verborgen und erschließt sich nur der Künstlerin selbst. Anders verhält sich dies bei Dagmar Orndorfs Einzelportraits zahlreicher Passanten. Der Augenblick den Orndorf fotografisch festzuhalten versteht ist die kaum merkliche, dennoch hoch amüsante Veränderung in den Gesichtern der jeweiligen Menschen von einer ersten hin zu einer zweiten Aufnahme. So weicht das gehetzte im Blick dem zahmen, milden Lächeln, das Ablehnende einem Ausdruck fröhlichen Entgegenkommens, ein abgeklärtes Schmunzeln wird beibehalten, während lediglich die Haare glattgestrichen und in die optimale Position gebracht wurden.

Kilian Neuwert

zurück
Teilen mit