„Das Studium der Romantik“ im Kunsthaus: Sehenswerte Ausstellung von Michel Meyer
Michel Meyer in der Kunsthaus-Ausstellung vor seinen im vergangenen Jahr fertiggestellten Bildern „Pläne für Morgen“ (rechts) und „Vater als junger Mann“.
Foto: Karlheinz Daut
Ziemlich hochtrabend klingt der Titel der Kunsthaus-Ausstellung, die heute abend eröffnet wird: „Das Studium der Romantik“. Doch hier geht es mit den farbkräftigen Werken des Künstlers Michel Meyer weder bierernst noch hoch wissenschaftlich, sondern äußerst vergnüglich zu.
Er mag Ananas zum Frühstück, Musik bei der Arbeit und hat eine gewisse nostalgische Ader. Jedenfalls kümmert sich Michel Meyer gerne um Begriffe, die in den letzten Jahren aus unserem Wortschatz verschwunden sind — so wie Sendeschluss oder Langer Samstag zum Beispiel. Dazu macht er dann Bilder oder besser gesagt Bildtitel. Denn was er unter seine flirrend-wilden, mit schnellen Strichen und mehreren Farbschichten unglaublich detailreich aufgebauten Gemälde und Collagen schreibt, muss nicht zwangsläufig das „dargestellte“ Thema treffen.Denn das ist in den verwirrenden Schrift-Ornament-Foto Farbcollagen ohnehin schwierig aus zumachen. „Nicht jedes Bild hat so viel Tiefgang, dass man davor im Bo den versinken muss“, sagt der kleine Mann mit dem verschmitzten Lächeln vor seinem Bild „Das Hoch Hänschen klein kommt nicht zu uns“ und fügt hinzu: „Ich sehe die Titel als poetische Verknüpfung, als zweiten Anker punkt für den Betrachter.“
Und auch wenn der Ausstellungstitel das Gegenteil nahelegt: Michel Meyer übt sich im fröhlichen Understatement. „Keine Preise, keine Stipendien“ heißt es lapidar im äußerst knappen Biografie-Teil seines Ausstellungskatalogs. Die Seiten nutzt der 52-Jährige lieber, um dem geneigten Kunstfreund und Leser Musiktipps zu vermitteln — von Miles Davis bis Frank Zappa. Und wenn er über seine aus hölzernen Fundstücken zusammengesetzten „Türme“ spricht, nimmt der Künstler selbst schon mal das Wort „Basteln“ in den Mund und bekennt: „So profan es klingt: Das hat mir einfach Spaß gemacht.“ Und dem Betrachter dürfte es ebenso gehen.
Seine Frühstücksgewohnheiten und Musikvorlieben schlagen sich übrigens auch in seiner Kunst nieder: „Ananasgedicht“ heißt zum Beispiel eines der rund 70 ausgestellten Werke in der Nürnberger Ausstellung, seiner größten bislang. Köpfe und Figuren sind ein wiederkehrendes Motiv darin. „Das Gesicht ist das Interessanteste am Menschen“, sagt der gebürtige Stuttgarter.
Studiert hat Meyer, dessen Familie väterlicherseits aus Nürnberg stammt, Kommunikationsdesign und Illustration und arbeitet seit 1985 als freier Maler und Illustrator in Wein heim an der Bergstraße. Im Kunst haus hatte er sich umeine Ausstellung beworben und wurde von der Jury ein stimmig ausgewählt.
„Ich kann kein Papier wegwerfen“ bekennt er und erklärt damit, wie Zeitungsschnipsel und Notenzettel, Quittungen, Fetzen von Zigarettenpackungen und Tortenpapier auf seine Bilder kommen. Die bleiben in ihrer chaotischen Fülle ebenso rätselhaft wie interessant. Was daran nun romantisch ist? Eine klare Antwort darauf hat Meyer auch nicht. Macht aber nichts. Schließlich, so meint er, müssten Künstler grundsätzlich romantisch veranlagt sein.
BIRGIT RUF
NN, Mittwoch, 25. März 2009