Ein Hoch namens Hänschenklein

Michel Meyer stellt neben seinen Bildern auch ein paar „Türme“ (rechts) vor, die aus Fundsachen bestehen: „Die mussten sowieso mal geordnet werden“.
F.: Fengler

Diese Ausstellung hätte genauso gut anders heißen können. „Das Huhn wollte den Kaufpreis wissen“ zum Beispiel. Oder „Das Hoch Hänschenklein kommt nicht zu uns“. Oder „Hungriger-Hund-Blues“. Alles Bildtitel von Michel Meyer. Besondere Kennzeichen: Gelassene Heiterkeit.
Dass der Maler seine originelle Schau im Kunsthaus Nürnberg schlussendlich doch nach dem wohl temperierteren Gemäldenamen „Das Studium der Romantik“ benannt hat, mag zwar auch schön und gut sein; ihr Schöpfer will diesen Titel aber nicht überbewertet sehen.
So wie der sympathische Baden Württemberger überhaupt lieber tief stapelt als hoch: „Gelegentliche Projekte und Ausstellungen, keine Preise, keine Stipendien“ verrät seine Vita im begleitenden Katalog knapp und zeigt stattdessen lieber das Porträtfoto eines Mannes, dem das Lachen ins Gesicht geschrieben steht.
Der Ausstellungstitel? Ach ja: Eine Kunsthistorikerin habe ihm mal geflüstert, seine Kunst würde „die dunkle Seite der Romantik“ verkörpern. Was sie damit gemeint haben könnte, sei ihm zwar bis heute etwas schleierhaft, so der Maler. Aber er hatte immerhin eine neue Bild-Idee.

Die Welten hinter dem Allerweltsnamen

Studiert man den 1956 geborenen Künstler so unbefangen, wie er es im erwähnten Bild mit der Romantik wagt, lässt sich sagen: In der Kunst dieses Mannes mit dem Allerwelts namen Meyer sind gleich mehrere Welten auf einmal versteckt. Zuhauf leuchten rund 70 Bild-Ereignisse an den Kunsthaus-Wänden und ähneln meistens Mosaiken – gemalt, geklebt, gestempelt oder gelocht. In dem Bild „Briefe an Minnie“ skizzierte Meyer zärtlich eine Comic-Figur. „Ananasgedicht“ wiederum heißt eine Collage, in die er Frauenfotos geklebt und ein ihm „sehr vertrautes Objekt“ gezeichnet hat: „Ich esse täglich eine Ananas zum Frühstück“.
Dass Meyer sogar seine Zigarettenschachtelsammlung für diverse Colla gen opferte, mochte seiner Liebe zum Detail zuträglich sein – ein wenig leid tut es ihm doch. Die alten Rechnungszettel hingegen, die er ebenfalls in sein Reich der Kunst verabschiedete, wählte er wegen des Papiers: Auf dem lasse es sich wenigstens noch ordentlich zeichnen.
Grundsätzlich sind Meyers Bilder recht erzählerisch, zuweilen schrill. Und doch finden sich zwischen Schnipseln, Kritzeleien und Farbflächen immer wieder Nischen für das Stille. Aus seiner motivischen Vor liebe für Köpfe macht Meyer keinen Hehl. „Das Gesicht ist der Ort der Handlung“, zitiert er Lichtenberg.
Dazu kommt die Musik. „Wenn du Musikfan bist, ist Maler ein privilegierter Beruf“. Meyer hört gerne beim Malen. Und ermalt gerne, was er hört. Den Katalog ergänzte er gar um Plattentipps, die von Fred Frith über Grateful Dead bis zu Metallica reichen. Berührungsängste? Pah!
Um die Kunsthaus–Schau bewarb sich der Mann aus Weinheim/Bergstraße übrigens von sich aus. Sieht so aus, als hätten wir Glück gehabt.

Christian Mückl

NZ, Mittwoch, 25. März 2009

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