Abendzeitung Nürnberg, 25. März 2009
Michel Meyer sucht im Kunsthaus Nürnberg die Romantik und findet Kindlichkeit.
Kunst scheint doch ein Kinderspiel: Bunte Holzklötzchentürme ragen in die Höhe, krakelige Köpfe starren aus knallbunten Bildern und ausgeschnittenen Mündern sind unpassende Augenpartien zugeordnet. "Das Studium der Romantik" heißt die Kunsthaus-Ausstellung mit Bildern und Objekten von Michel Meyer, die nach Nürnberg in Weil am Rhein, Beckum und Bielefeld Station machen wird. Weil eine Kuratorin das Dunkle der Romantik on seinen Bildern zu erkennen glaubte, habe er sich mit dem Thema befasst, erzählt Meyer. Und tatsächlich gibt es Motive wie "Dunkles Quartett", wo aus dem Schwarz des Hintergrundes fratzenhafte Masken in Auflösung starren oder "Kolhaas", auf der eine rasende Figur zu erkennen ist. Daneben triumphiert die Farbe – in Nachtblau oder Tiefrot schwimmen Köpfe, Schriftfetzen und Kreidestrichknäuel. Oder sie breiten sich auf bemaltem oder gelochtem Papier, Notenblättern, Zigarettenschachteln und Tortendeckchen aus. Auch blitzen Meyers Vorbilder hervor: Hieronymus Boschs unerschöpfliche Monster-Fantasie trifft auf die groteske Ordnung Paul Klees; Dada lässt in den Collagen grüßen.
Gesichter – bei ihm Schädelumrisse, Fotoschnipsel, Krakelnasen oder dunkle Augenhöhlen – interessieren Meyer, dessen Vater aus Nürnberg stammt, besonders: "Das Gesicht ist das interessanteste am Menschen, der Ort der Handlung, wie Lichtenberg sagt." Auch im kindlichen Farb- und Formensalat.
Georg Kasch