Im Labyrinth der Fußball-Kunst

Das WM-Programm der Ausstellungsreihe "Positionen + Tendenzen"

Nürnberger Nachrichten, 28. 4. 2006

Das "Große Rasenstück" bespielt den Außenraum, die Ausstellungsreihe "positionen + tendenzen" übernimmt die Kunst im Innenraum. So war es von den "p+t"-Machern ursprünglich gedacht, als das Kulturprogramm zur Fußball-WM noch in der Planungsphase steckte. Die Gespräche mit der Stadt über eine entsprechende Kooperation wurden jedoch abrupt gestoppt, als die "Rasenstück"-Kuratoren auf den Plan traten.
"Die haben uns ganz schnell klar gemacht, dass sie mit den Regionalspielern vor Ort nichts zu tun haben wollen." Natalie de Ligt, künstlerische Leiterin des Kunstvereins Albrecht-Dürer-Gesellschaft, der zusammen mit Kunsthaus und Institut für moderne Kunst die diesjährige "p+t"-Ausgabe veranstaltet, macht keinen Hehl daraus, dass man "kurzfristig verärgert" war. Zumal bei der sechsten Auflage der 1981 gegründete Ausstellungsreihe der Blick weit hinaus geht über die fränkische Kunstszene.

Klare Ausrichtung

Inzwischen haben sich die Wogen wieder geglättet. Unter dem irgendwie auch versöhnlich klingenden Titel "Die Schönheit der Chance" treten vom 23. Mai bis zum 9. Juli insgesamt 26 Künstlerinnen und Künstler bei "p+t" an. Nachdem das letzte Projekt 2003 zur Leistungsschau der fränkischen Kunst als Großraum-Event ausgewachsen war und sich den Vorwurf gefallen lassen musste, keine klare Ausrichtung zu zeigen, konzentriert man sich diesmal auf die drei Spielorte der Veranstalter. Und die Ausrichtung war im WM-Jahr von vornherein klar: Auch bei "p+t" dreht sich alles um das runde Leder.
Die einschlägig bewanderte Kunstmannschaft ist international aufgestellt: Neben zehn Künstlern aus der Region, zwei davon inzwischen in Berlin lebend, sind neun weitere Deutsche, zwei Schweizer, ein Engländer, ein Niederländer, ein Österreicher, ein Ukrainer und eine Japanerin am Ball.
Am dichtesten besetzt ist das Spielfeld im Kunsthaus, wo der Schwerpunkt auf Videokunst liegt. Dabei darf man gespannt sein auf Poetisches – Raymond Cuijpers schießt den Ball aus dem Stadion in die Stadt und kickt ihn ins Meer –, Ironisches von Josef Dabernig, der atypische Fußball-Fans auf der Tribüne beobachtete, und Verwirrendes, wenn Thomas Eller, kürzlich mit dem Käthe-Kollwitz-Preis ausgezeichnet, gegen einen österreichischen Fußballspieler namens Thomas Eller antritt.

Stadion und Kneipe

Im Zumikon, wo das Institut für moderne Kunst Regie führt, gibt es Szenarien fast wie aus dem echten Fußball- und Fanleben. Ulrich Emmert baut dort eine von Hooligans verwüstete Kneipe nach, Fredder Wanoth errichtet sein eigenes Stadion, und mit Boris Mikhailov hat man einen der bedeutendsten Fotografen der ehemaligen Sowjetunion nach Nürnberg geholt. Der heute in Berlin lebende Ukrainer zeigt in einer wandfüllenden Fotoinstallation Fußballansichten der ungewohnten Art.
Auf besondere Raumerlebnisse darf man im ADG Kunstverein im Milchhof gefasst sein. Dort schicken u.a. Michael Franz und Jochen Lüftl die Besucher ins "Superdome"-Fußball-Labyrinth, Claudia Kugler verdichtet Stadiongeräusche aus Spielfilmen zur bizarren Soundcollage.
Fördergelder vom Deutschen Fußballbund gab es für das "p+t"-WM-Projekt nicht, dafür wurde die Ausstellungsreihe erstmals von der Kulturstiftung des Bundes unterstützt. Anpfiff ist am 23. Mai um 17 Uhr im Milchhof, die Öffnungszeiten werden während der Ausstellungsdauer verlängert, und rechtzeitig zum Start soll ein Katalog erscheinen. (Infos: www.die-schoenheit-der-chance.de)

REGINA URBAN

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