Provokateur Blalla W. Hallmann lebt auf im Nürnberger Kunsthaus
Er hat niemand geschont: nicht die Objekte seiner Kunst, noch deren Betrachter und sich selbst schon gar nicht. Bis er 1997 im Alter von 56 Jahren in Windsbach starb, war Blalla W. Hallmann ein leidenschaftlicher kompromissloser Maler und Streiter, dessen tabulose Arbeiten – auch in Nürnberg – bei Ausstellungen für öffentliche Erregung und gelegentlichen Polizeieinsatz sorgten. Ob sie solche Reaktionen auch heute noch provozieren, wird sich zeigen, denn mit "Blalla W. Hallmann – Arbeiten aus 30 Jahren" eröffnet heute im KUNSTHAUSHAUS die erste große Ausstellung nach dem Tod des Künstlers und seine Kritik, sei es an der Macht des Geldes oder der Herrschaft von Staat oder Kirche, ist nach wie vor aktuell.
Um einen Künstler zu ehren, "dessen Stellenwert bislang nicht in notwendigem Maße im Kunstkontext kanonisiert ist", wurden über 100 Arbeiten aus verschiedenen Sammlungen ausgewählt, die sowohl Entwicklung als auch Spannbreite des Könnens zeigen–angefangen vom ersten Gemälde, einer idyllischen Winterlandschaft des 14-jährigen, bis zum letzten, unvollendeten Werk, dem Tritychon "Rotz und Wasser" von 1997.
Auszüge aus einer Serie von Linolschnitten der biografischen Publikation "Blalla" rufen Stationen des Künstlerlebens in Erinnerung, darunter an das Studium an der Nürnberger Kunstakademie und seinen USA-Aufenthalt Ende der 60-er Jahre, der nach Drogenmissbrauch in der Psychiatrie endete. Eindringlicher sprechen die Gemälde und Objekte über seine Weltsicht. Das Relief "Lunacy" zeigt einen einsamen, nackten Menschen, der von einem Frauenhintern beschienen, gequält aus dem Bild ragt. Im selben Raum: Jesus am Kreuz, leidend und Kreuze kotzend mit der Inschrift "Mir is schlecht2 gegenüber "ich selbst beriet zum letzten gefecht", einem düsteren Selbstbildnis des abgemagerten Künstlers, der an der Menschheit litt.
Faschismus, Imperialismus, Rassismus sind Themen der "schwarzen Serie", die mit einem Strick auch auf eine Möglichkeit hinweist, "die man nicht aus den Augen verlieren sollte". In Glasmalereien, in denen Disney-Figuren an Stelle der Heiligen Familie gerückt sind, thematisiert er die Ersatzreligion Unterhaltung, die ebenso wenig Erlösung biete wie die katholische Kirche. Bilder wie "Privatauzienz" oder "Grüße vom heiligen Stuhl" erzählen, was Blalla davon hielt. Ein kritischer Beitrag zum "Wir sind Papst"-Jahr, aber keinesfalls der einzige Grund, weshalb man die Ausstellung unbedingt sehen sollte.
Ute Maucher
Abendzeitung vom 25./26.05.05