An welchem Punkt wird eine quadratische Form zu einem Tisch, ein Rechteck zu einem Wohnzimmerteppich oder ein Dreieck zu einer Blumenvase? Wann lassen zwei rosafarbene Ellipsen an ein flauschiges Pantoffelpaar denken, und wann assoziiert sich ein grünes Viereck mit einer Tischtennisplatte? Wo verläuft die Demarkationslinie, an der eine abstrakt-geometrische Form zu einem vertrauten Objekt wird?
Die Kunsthalle Nürnberg zeigt in einer Einzelausstellung im Kunsthaus Werke von Fabian Treiber, dem aktuellen Marianne-Defet-Malerei-Stipendiaten: Die Gemälde des 1986 geborenen Künstlers erinnern bisweilen an surreale Wohnlandschaften und gewähren einen Blick in einen Innenraum, ausgestattet mit den vielfältigsten Protagonisten einer bürgerlichen Existenz: Tisch, Stuhl und Minibar, Kerzenhalter und Zimmerpflanzen, Teppich und Vorhänge. Bildkomposition und Motivik erinnern an die Malereigattung des Interieurs und zugleich an ein überbordendes Stillleben alltäglicher Dinge.
Doch auch wenn der Betrachter eine Vielzahl der gemalten Objekte erkennen und benennen kann, bleibt das Gesehene seltsam vage und unerklärlich. Der Eindruck großer Vertrautheit verbindet sich mit einem Moment der Irritation, denn wie in einem Traum oder einer nebulösen Erinnerung existieren keine verlässlichen Parameter. Dieser Eindruck entsteht, da Fabian Treiber während des Werkprozesses dem Drang nach Konkretisierung und Komplettierung widersteht. Ihm gelingt eine Art hybride Malerei, die zugleich abstrakt wie figurativ erscheint und klug die elementaren Fragestellungen der Malerei nach Form und Struktur, nach Farbe und Komposition, nach Räumlichkeit und Flächenaufteilung verhandelt.
Zur Ausstellung erscheint die Publikation "Late Night on the Shop Floor, what Language was I speaking", mit Texten von Invar-Torre Hollaus, Harriet Zilch und einem Interview mit Fabian Treiber und Marcus Weber.