Flexible Künstler: Eine Ausstellung mit Auftragswerken in Nürnberg
Selbstverständlich sind alle gewerkschaftlich organisierten Künstler in der Region überzeugte Anhänger von Freiheit und Demokratie, aber in der täglichen Kunstbetriebspraxis haben sie gegen ein wenig aufgeklärten Absolutismus nichts einzuwenden. Weil ein funktionierendes Kulturleben nicht nur schöpferische Idealisten braucht, sondern auch zahlungskräftige Auftraggeber und Mäzene, soll bei der Fachgruppe Bildende Kunst in der IG Medien der »Kunde« künftig wieder »König« sein.
Unlängst eröffneten die Gewerkschafter (wie gemeldet) ein Kunstvermittlungsbüro. Durch den Einsatz moderner Kommunikationsmittel wie Internet und E-Mail werden dort Kontakte geknüpft zwischen Bilderliebhabern aller Art und handwerklich vielseitigen, geistig flexiblen Kunstschaffenden, die bereit sind, (fast) alle Kundenwünsche zu erfüllen. Erste praktische Ergebnisse der Aktion sind jetzt im Nürnberger KUNSTHAUS zu sehen.
»Rent an Artist«
Ort und Zeitpunkt der Ausstellung wurden übrigens nicht zufällig gewählt. Die Veranstalter verstehen ihre »Rent an Artist«-Initiative nicht zuletzt auch als sensiblen Beitrag zur 950-Jahr-Feier der Stadt Nürnberg. Erinnert wird an die Tatsache, dass gerade in der »goldenen« Epoche der Noris die meisten Kunstwerke als Auftragsarbeiten entstanden sind.
Wie immer das die Künstler damals gesehen haben mögen - heute erleichtern sie sich die Brotarbeit mit Ironie. Das gilt etwa für Gerlinde Pistner. Ihre Reliefs für die Praxis eines Schönheits-Chirurgen zeigen weibliche Büsten vor und nach dem ärztlichen Eingriff. Dass Voyeurismus auch mit einem gewissen Augenzwinkern praktikabel ist, demonstriert Martin Sturms Plan zur Ausstattung einer »Table-Dance-Bar«.
Mit großem Ernst arbeitet hingegen Anders Möhl. Er liefert weithin Anerkanntes im Rahmen der Aktion »Künstler kochen für Reiche«. Ebenfalls fest entschlossen, gehobenen Ansprüchen zu genügen, sind die Bildhauerin Eva Hermann, die nach Fotovorlagen den Schriftsteller Fred Wander porträtiert, sowie der Maler Fredder Wanoth, der ein fünfeinhalb Meter breites, wirklich erhebendes Gebirgspanorama in Arbeit hat. Ganz dem schöneren Wohnen dienen schließlich Dietmar Lissons Tapeten mit einem Dekor im Stil minoischer Fresken.
Von: BERND ZACHOW, Quelle: Nürnberger Nachrichten