Das Metall der Panzerketten hat bereits Patina angesetzt – doch hoffnungsfroh wirkt das Länderporträt Mazedoniens das Jovan Sumkovski in seiner Installation im Nürnberger KUNSTHAUS zeichnet, dennoch nicht: Zwar ist der Kreig auf dem Balkan vorbei, der Blick in die Zukunft – zumindest in Sumkovkis Sicht – aber düster: Um das Metallfeld, das er in Form der Landesgrenzen Mazedoniensauf dem Boden ausgelegt hat, stehen dunkle Spiegel. Zwischen Vergangenheitsbewältigung, Zukunftsvisionen und der Nachkiegs-Realität in ihrem Land bewegen sich die Beiträge von vier mazedonischen Künstlern, die auf Initiative des Kulturzentrums von Nürnbergs Partnerstadt Skopje und dem Amt für Internationale Beziehungen der Stadt Nürnberg im KUNSTHAUS ausstellen. Ein interessantes Gastspiel, allerdimngs mit wenig Information über die Künstler und ihre Heimat.
Die künstlerischen Annäherungen an "Das gelobte Land", so der Ausstellungstitel, fallen sehr unterschiedlich aus: Zwischen Analyse und Pathos bewegt sich Jovan Balovs Arbeit: In einem Film schwenkt er als heroischer Fahnenträger abwechselnd die Flaggen Mazedoniens und seiner Nachbarn unter einem riesigen Kreuz – eine Geste mit vielfacher Symbolik zwischen Besitzstandswahrung und Anspruchdenken, Nationalismus und multikultureller Integration. Wandfüllend präsentiert Balov fünf aktuelle Landkarten des Balkans, di eje nach der Nation , die sie herausgegeben hat, augenfällige Unterschiede in den Grenzverläfen offenbart. "Wie kann man ruhig schlafen, wenn alle Nachbarn andere Pläne haben", sagt Jovan Balov, der jedoch – was er in seiner Arbeit nicht verschweigt – schon lange in Deutschland lebt. " Ich wohne in Berlin" steht unter den staatspolitischen Landkarten-Varianten, darüber schweben gemalte Engel – als Hofnungsspender?
Stiller, diffiziler und poetischer ist die Bodenarbeit von Ismet Ramicevik: Ein meterlanger Papierteppich, zusammengeklebt aus dünnen Röllchen Zeitungspapier, an die traditionellen mazedonischen Volksdecken erinnert. Dazu spielt mazedonische Musik aus einem Recorder zum imaginären Tanz auf dem papiernen Läufer.
Bei Zaneta Vangelis ist das gelobte Land balu. Sein Relief Mazedoniens erhebt sich als leuchtende ultramarine Sehnsuchtsinsel vor dem Hintergrund der Realität: Auf einer Großleinwand fahren Panzer auf – Dokumaterial aus dem Jahr 2001 in Bild und Ton.
"Wenn ein Schiff untergeht, sind die Künstler die ertsen, die zurückkommen", sagt Balov und erklärt so die vielfach politisch engagierte Kunst in seiner Heimat. Die Zukunft der Künstler sieht er in Europa. Und Emil Alexiev, Direkto rdes Musuems für Moderne Kunst in Mazedonien und Kurator der Ausstellung, stellt fest: "Die Europäische Union ist für uns jetzt das gelobte Land".
Birgit Ruf
Nürnberger Nachrichten, 22. Juni 2004