Nicht nur ein fröhliches Miteinander

Ein Pärchen hängt an der Theke herum, beide wirken ziemlich introvertiert. Er, ein dunkler Typ erzählt ihr, blond und hell, irgendwas. Doch dann geht eine Veränderung vor sich: Auf einmal beugt sich der Mann vor und etwas beansprucht die Aufmerksamkeit der Frau.
Nein, wir befinden uns nicht in einem Film, sondern vor dem Gemälde »Double Couple« von Barbara Lidfords. Auf einem extrem breitformatigen Bildträger hat Lidfords zwei Gemälde nebeneinander platziert. Kaum zu glauben, wieviel eine kleine Veränderung in Gestus, Perspektive und Raumverteilung bewirken.
»Gemischtes Doppel« heißt die Ausstellung des Berufsverbands Bildender Künstler in Nürnberg. 17 Künstler haben sich im HAUS eingefunden, um ihre Ansicht zum Thema umzusetzen. Da bieten sich naturgemszlig; Paarkonstellationen (samt Erweiterungen) an. Barbara Lidfords erweitert die Thematik gleich auf eine im Diptychon »Unter sechs Augen«: Mann und Frau unterhalten sich, ein Dritter tritt hinzu, beansprucht die Aufmerksamkeit des Mannes - und schließt die Frau aus.
Zum fröhlichen Miteinander unter der Decke laden Klaus Schneider und Gertrude Wenning: Helge, Mina, Schorsch, Trixi, Hannes, Doris, Sepp und Elsa vergnügen sich anagrammatisch und farbenfroh miteinander. Wer genauer hinsieht, entdeckt ihre Namen als Bestandteile des Titels »Gemischtes Doppel«.
Vieldeutiger legt Karsten Reckziegel seine Skulpturenkonstellationen an: »Das Paar« ruht in Gestalt zweier Keramikbüsten auf einem wießen Sockel und fixiert einander. Auf dem Sockel liegen Hände von Mann und Frau auf. Assoziationen werden wach: Sitzen die beiden in der Badewanne? Oder stecken Sie bis zum Hals im Beton ihrer Beziehungskiste? Wird der Machtkampf das Gefüge ihrer Beziehung sprengen? Noch mehr Deutungen lässt Reckziegels Skulptur »Hinter Glas« zu. Ein Glaskubus trennt und verbindet zwei Frauenbüsten. Beide Frauen betasten das Glas, versuchen einander anzunähern. Gleichzeitig betrachten sie nicht nur sich, sondern auch ihre Spiegelbilder.
Auf Paarkonstellationen verzichtet Ralf Siegemund und stellt dafür Menschen- und Naturskizzen, anatomische Details, Tiere als Beutegut und die Namen weltumspannender Konzerne in ein Gefüge aus Farbe und Muster. Die Deutung bleibt dem Betrachter überlassen.

Reinhard Kalb

Nürnberger Zeitung, 29. April 2004

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