„Paarlauf“ heißt eine Schau Hamburger und Nürnberger Künstler im Kunsthaus
Er klont mit dem Buntstift Dürers Pflanzenzeichnungen und lässt "Stil-Blüten" entstehen. Eine Fliege stellt er aus, wie sie "die Fliege macht". Und wäre Bernd de Payrebrune ein Huhn, er legte bestimmt jeden Tag ein Ei und sonntags auch mal zwei – so sehr ist der Künstler als schräger Vogel einem Wochenplan verhaftet, in dem jeder Tag seine Farbe hat. Grün malt er zum Beispiel nur dienstags.
Da de Payrebrune zumindest kein Problem damit hat, verschiedene Farben gleichzeitig auszustellen, sind nun auch seine Wandbilder und Objekte seit gestern in der Ausstellung "Paarlauf“ im Kunsthaus vertreten. Der Titel "Paarlauf" soll in der vom Berufsverband Bildender Künstler eingerichteten Schau andeuten, dass die Werke von sieben Nürnberger und sieben Hamburger Kollegen "in Dialog" miteinander treten. Aber wer teilt sich den Raum am besten mit einem, der dienstags nur grün will und ein Perlhuhn in Dürers Rasen setzt? Den Raum teilt sich die Hamburgerin Sybille Fredebeil mit ihm – und das ist gut so. Denn nicht nur, dass ihre "Rasenstücke" mit de Payrebrunes salopp geratenen Albrecht-Anspielungen korrespondieren, sondern auch wie sie das tun, ist bemerkenswert: Grasstücke hängen in Fredebeils Foto-Arbeiten hinter Glas an der Wand, während ebenerdig nur noch Rasen aus Kunst-Stoff gedeiht. Besteht das Kunst-Stück dieser Tage darin, Dinge Kopf stehen zu lassen?
Anderes gedeiht erquicklicher. Zum Beispiel macht die "Paarlauf"-Schau deutlich, dass die expressive Farbmalerei der Nürnbergerin Christine Nikol verblüffende Ähnlichkeiten mit dar Kunst ihrer Hamburger Kollegin Muriel Zoe Borchert aufweist, obwohl beide einander nicht kannten. Noch explosiver paaren sich in Werner Schaarmanns und Michaela Biets Arbeiten Kraft und Stille: Schaarmann zeigt eine Foto-Serie des Kopfsteinpflasters der Stadt Küstrin, die während dem Weltkrieg zerbombt wurde. Als wären sie aus den Bildern gesprengt, liegen Bohrkerne und ein Findling davor; es handelt sich um Biets Ensemble "Diabas", das die Geschichte vor und hinter den Bildern zusätzlich anreichert.
Ambivalent wirkt Siegfried Fuhrmanns Erfahrungsfeld, seine kabellastige und bewegungsmelderreiche Rauminstallation, die allerdings Hjalmar Leander Weiss' Malerei auf abgetretenen Bodenbelägen gut kompensiert. Und sogar Winfried Baumanns mobile Wohnobjekte für Obdachlose finden noch Platz.
Dass ein "Paarlauf" manchen Stolperer bedeutet, liegt in seiner Natur. Für eine derartige Ochsentour der Gegensätze, die eine Gruppenausstellung bedeutet, kommen die meisten diesmal aber erstaunlich unbeschadet durchs Ziel.
Christian Mückl
Nürnberger Zeitung