Drei Fragen an Eva Borrmann
Tafelhalle: Wir gratulieren nochmal zur dreijährigen Impulsförderung! Der thematische Überbau ist “Kitsch/Kunst”. Was hat Dich dazu bewegt, Dich so intensiv mit dem Thema Kitsch auseinander zu setzen?
Eva: In allen meinen Arbeiten beschäftige ich mich mit dem "sozial geformten Körper”. In meinen bisherigen Projekten bin ich deshalb immer wieder auf das Phänomen Kitsch gestoßen und habe mich intensiv mit dem Narrativ des Kitsches auseinandergesetzt. Der Kitsch verfolgt dabei ein Ideal, das geprägt ist von stereotypen und stummen Menschenbildern. Im Kitsch nicht zu finden sind Individualität, Ironie und Abgründigkeit. Alles Aspekte, die jedoch in meinen Arbeiten sehr präsent sind, sie sogar ausmachen. Ich stelle mich dem Kitsch also gegenüber und frage mich: “Wer bist du? …wo liegt deine Individualität und Abgründigkeit?”.
Tafelhalle: Deine erste Arbeit SOFT FOCUS beschäftigt sich mit der Frage: “Wie gefährlich ist es, wenn Kitsch auf nackte Haut trifft?”. Für die Produktion arbeitest du mit zwei Performerinnen zusammen die 58 und 61 Jahre alt sind - im Tanz eher ungewöhnlich. Wie kam es dazu?
Eva: Ausgangspunkt der Arbeit sind die Aktfotografien des Künstlers David Hamilton, der in den 70er Jahren Berühmtheit erlangte. Sein Markenzeichen: der Weichzeichner - SOFT FOCUS. In der Popkultur ebnete er damit den Weg für ein bestimmtes ästhetisches Frauenbild,das geprägt ist, von jungen, Lolita-artigen Mädchen. Die beiden Performerinnen, Alexandra und Susanna, sind mit diesen Bildern aufgewachsen und dieser Zeit entsprungen. Auch ihre Körper haben diese Bilder verinnerlicht. Es war mir wichtig mit ihnen in einen Dialog zu treten, der vergangene und aktuelle Sichtweisen auf das Thema Körper und Macht miteinander verbindet und die Chance birgt, einen ganz eigenen Standpunkt zu finden.
Tafelhalle: Wie werden die Bilder von David Hamilton in SOFT FOCUS zum Leben erweckt?
EVa: Wir haben uns intensiv mit der Körpersprache und dem Raum in den Fotografien von David Hamilton beschäftigt. Zu erkennen sind immer wiederkehrende Posen und Blickwinkel. Die Bilder offenbaren ein fragiles und devotes Frauenbild und setzen sich nur sehr langsam in Bewegung. Unsere Arbeit liegt darin, die Bilder von David Hamilton Stück für Stück zu zerlegen und mit unserer eigenen, weiblich geprägten Sichtweisen zu überschreiben. Die Bilder von David Hamilton eskalieren somit. Ein Gewaltakt!
Tafelhalle: Wir freuen uns sehr auf die Premiere. Danke für das Interview!