Werkschau Nuri Bilge Ceylan
Nuri Bilge Ceylan (*1959) ist ein Filmemacher, der als Fotograf begann. Diese Tatsache wurde oft schon zu einem wesentlichen Schlüssel für sein Werk gemacht, aus guten Gründen. Denn in diesen sechs Langfilmen und einem Kurzfilm, die bisher vorliegen, ist ein Blick auf die Welt zu erkennen, der in zweierlei Hinsicht fotografisch strukturiert ist: Die Bilder sind so verfasst, dass sie sich eher einer allmählichen Entzifferung preisgeben als einer sofortigen Erfassung (der Faktor Zeit wird gegenüber der Bewegung privilegiert); und der Ton tritt zu diesen Bildern in einer Weise hinzu, die ihrer ursprünglichen Stummheit noch zu entsprechen scheint. Insofern freut es uns, dass wir die Gelegenheit hatten, diesen Großmeister der Beobachtung nun bei uns nicht nur als Filmemacher, sondern in Verbindung mit der Ausstellung „Es war einmal in ... Fotografien von Nuri Bilge Ceylan“ (im Kunsthaus vom 7.3. bis 5.5.2013.) auch als Fotografen präsentieren zu können.
Der gefeierte türkische Regisseur betätigt sich zudem als Produzent, Drehbuchautor und Schauspieler. Seine Filme werden nicht von opulenten und realitätsfernen Handlungssträngen bestimmt, sondern erzählen meist alltägliche Geschichten durch eine ganz eigene, beeindruckende Bildsprache. Thematisch steht bei Ceylan der Mensch in seiner emotionalen Vielschichtigkeit im Mittelpunkt. So werden seine Filme oft zu Porträts unterschiedlicher Charaktere. Die verschiedenen Lebensentwürfe der Menschen in den ländlichen, traditionell geprägten Gebieten und den Großstädten stehen sich bei Ceylan gegenüber, der dadurch Zeitgeist und auch die Problematik der heutigen Türkei aufgreift.
Das Repertoire des Regisseurs, der auch schon als „türkischer Ingmar Bergman“ bezeichnet wurde, umfasst sechs Spielfilme und den Kurzfilm KOZA, mit dem er 1995 sein Filmdebüt gab. Es folgten das Familienporträt DIE KLEINSTADT und BEDRÄNGNIS IM MAI über einen mittellosen Regisseur, der autobiografische Züge erahnen lässt. Dieses Werk gilt als zweiter Film der thematischen Trilogie des Regisseurs über die Gegensätze zwischen Land- und Großstadtleben in der Türkei. Mit dem letzten Film dieser Trilogie UZAK – WEIT schaffte Nuri Bilge Ceylan 2002 den internationalen Durchbruch.
In den darauffolgenden Filmen JAHRESZEITEN, mit dem der Regisseur zudem als Schauspieler debütierte, und DREI AFFEN, legte Ceylan verstärkt den Fokus auf zwischenmenschliche Beziehungen, sowohl innerhalb einer Partnerschaft, wie auch in der Familienhierarchie. ES WAR EINMAL IN ANATOLIEN brachte Nuri Bilge Ceylan die Nominierung für den Europäischen Filmpreis als bester Regisseur ein. Der Film gilt als sein Hauptwerk und spielt auf eine vollkommen unkonventionelle Weise mit dem Genre des Kriminalfilms. Wie bei seinen anderen Filmen entfaltet Ceylan auch hier die Handlung ruhig und mit starker Bild- und Tonsprache. Er zeigt die komplexen Charaktere des Films ohne Wertung und überlässt es dem Zuschauer, sein eigenes Urteil zu fällen.
An den vier Sonntagen im April (7.4., 14.4., 21.4. und 28.4.2013) boten wir eine Kombination von Film und Ausstellung an. Dabei war die Führung durch die Ausstellung (16 Uhr) im Kinoeintritt enthalten.
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