Howard Hawks (1896–1977) zählt zu den großen Regisseuren des klassischen Hollywoodkinos. Er gilt als Inbegriff des „Hollywood Professional“, der erzählerisch effizient und inszenatorisch hochversiert temporeiche, komische und spannende Unterhaltung kreiert. Sein Werk – 40 Spielfilme, gedreht zwischen 1926 und 1970 – umfasst nicht nur nahezu alle Genres seiner Zeit – Komödie, Western, Musical, Kriegs-, Abenteuer- und Gangsterfilm –, Hawks hat auch in allen Gattungen meisterhaft gearbeitet und Filme gedreht, die bis heute als Höhepunkte ihres Genres gelten: das Muster aller Gangsterdramen SCARFACE (1932), die Screwball-Komödie LEOPARDEN KÜSST MAN NICHT (1938), der Film noir TOTE SCHLAFEN FEST (1946), die Western RED RIVER (1948) und RIO BRAVO (1959) sowie der Abenteuer- bzw. Jagdfilm HATARI! (1962).

Nach einem Ingenieur- und Architekturstudium hatte Hawks in Hollywood als Hilfsrequisiteur begonnen und war rasch zum Verfasser von Stummfilm-Zwischentiteln avanciert, dann zum Drehbuchautor. Mit 29 Jahren konnte er erstmals Regie führen. Hawks entschied sich früh, seine Geschichten geradlinig und effizient zu erzählen, was ihm das breite Publikum dankte. Fast alle Hawks-Filme wurden kommerzielle Erfolge, ein Umstand, der es ihm erlaubte, bereits zu Beginn der Tonfilm-Ära Anfang der 30er Jahre so frei und unabhängig innerhalb des Studiosystems zu arbeiten, wie kaum ein anderer Hollywood-Regisseur. Hawks produzierte die meisten seiner Filme selbst, wirkte fast immer (in der Regel ungenannt) am Drehbuch mit und schloss Verträge immer nur für einen Film, ohne sich an eines der Studios zu binden.

Trotz des außergewöhnlichen Erfolgs und der Ausnahmestellung von Hawks dauerte es mehr als zwei Jahrzehnte, bis ihm die verdiente Wertschätzung auch bei der Kritik zuteil wurde. Mitte der 50er Jahre entdeckten die Kritiker der Cahiers du cinéma und zukünftigen Regisseure der Nouvelle Vague Howard Hawks als Autor und großen Filmemacher. François Truffaut sah in ihm den am meisten unterschätzten Regisseur, Eric Rohmer einen Filmemacher, den „man lieben muss, wenn man das Kino lieben will“, und Jacques Rivette überschrieb einen ihm gewidmeten Artikel mit dem Titel „Das Genie Howard Hawks“. In Folge der Elogen der Cahiers du cinéma erlangte Hawks mit dem Umweg über Frankreich auch in den USA und schließlich weltweit die gebotene Anerkennung. Das erzählerische Understatement des „Handwerkers“ Hawks, die Unaufdringlichkeit seines visuellen Stils, die größtmögliche Einfachheit auch bei der Kameraarbeit – die Kamera auf Augenhöhe, Kamerabewegungen nur, wenn sie narrativ zwingend sind –, wurden nun als Hawks’ Haltung erkannt, die aus einer „Ethik der Effizienz und Produktion“ (Tavernier/Coursodon) resultiert, die auch seine Stoffe und ihre Ästhetik prägen.

Die Stoffe seiner Abenteuerfilme handeln oft von Dingen, die Hawks, der selbst Flieger, Rennfahrer, Fischer und passionierter Jäger war, kannte und liebte. Action wird von Hawks dabei erstaunlich sparsam eingesetzt und ist bei ihm kein Selbstzweck, sondern dient dazu, die beteiligten Figuren zu charakterisieren. Hawks erzählt vor allem von Männern, vordergründig harte Profis, die sich meist in einer kleinen, arbeitenden Gruppe bewegen und von Frauen, die ihnen entsprechend Paroli bieten können. Es sind komplexe Geschichten über menschliche Schwächen und Triumphe, von einer zutiefst humanen Weltsicht geprägte Filme über Menschen, die in gefährlicher Arbeit unter körperlichem Einsatz zu sich selbst finden. Filme mit Witz, Drive und Tempo, in denen für Traurigkeit und Sentimentalität kein Raum ist. Hawks zeigt eine Welt des Handelns, der Selbstachtung, der Freundschaft und der Solidarität, der Herrschaft und des Kampfes, in der den Menschen der Glaube an ein wahres, würdevolles nicht entfremdetes Leben trotz aller schicksalsbedingt angebrachter Skepsis noch nicht abhandengekommen ist. Und ganz nebenbei unternimmt der gern als „amerikanischste aller amerikanischen Regisseure“ umschriebene Howard Hawks dabei kritische Abrechnungen mit den Fetischen der US-Gesellschaft: Sex, Jugend, Erfolg, Geld, Leistung, Wissen.

Das Filmhaus zeigt vom 10. Oktober bis 3. November zehn Filme von Howard Hawks aus den Jahren 1928 bis 1962 in zum Teil sehr seltenen 35-mm-Kopien aus europäischen Archiven.

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