François Truffaut nannte ihn den „französischsten aller Regisseure“. Das mag damit zu tun haben, dass das Bistro in Claude Sautets Filmen eine wichtige Rolle spielt. Es wird gemeinschaftlich getrunken und gegessen, viel geraucht, Auto gefahren und es geht meist – die wohl gängigste Assoziation zum französischen Kino – um die Möglichkeiten der Liebe.

Claude Sautet (1924–2000) war ein Meister des populären Erzählkinos und hat zwischen 1960 und 1995 dreizehn filmische Studien menschlicher Beziehungen voller poetischer Melancholie realisiert. Dabei arbeitete er mit den großen Stars des französischen Films seiner Zeit: Lino Ventura, Jean-Paul Belmondo, Romy Schneider, Michel Piccoli, Yves Montand, Sandrine Bonnaire, Daniel Auteuil, Emmanuelle Béart.

Geboren 1924 im Pariser Vorort Montrouge, studierte Claude Sautet zunächst Bildhauerei und war als Musikkritiker tätig, ehe er ab 1948 die Filmhochschule IDHEC besuchte. Nach einem ersten Kurzfilm arbeitete er als Regieassistent u.a. für Jacques Becker und Yves Robert und seit Ende der 50er Jahre vor allem als „Scriptdoktor“, der die Drehbücher von Kollegen „reparierte“. In dieser Funktion wirkte er, zumeist ungenannt, an mehr als 60 Filmen mit, darunter Werke von Georges Franju, Marcel Ophüls, Louis Malle, Alain Cavalier, Philippe de Broca, Jacques Deray und Jean-Paul Rappeneau u.v.a. Die ersten beiden eigenen Filme, Kriminalfilme mit Lino Ventura, fanden bei Kritik und Publikum in den 60er Jahren wenig Beachtung. Obwohl Claude Sautet 1960 zur gleichen Zeit wie die Regisseure der Nouvelle Vague debütierte, war er nie Teil der Bewegung und blieb mit seinem klassischen Erzählkino lange im Schatten der Erneuerer aus dem Kreis der Cahiers du cinéma.

Erst 1970 gelang ihm mit DIE DINGE DES LEBENS der künstlerische und kommerzielle Durchbruch, um fortan als Chronist der französischen Mittelschicht zu gelten. Anders als Claude Chabrol oder Luis Buñuel war Claude Sautet jedoch nicht am Vorführen der Bourgeoisie interessiert. Seine melancholischen „Porträts in Bewegung“ sind frei von Urteilsüberlegenheit. Claude Sautet zeigt empathisch das Unlebendige des vermeintlich gesicherten Bürgerlebens und sieht den zaghaften Ausbruchsversuchen mit einer Art zärtlicher Trauer zu. Nüchtern, mit großer Zurückhaltung und ohne Psychologisierung folgt er unprätentiös dem Schicksal seiner Figuren, die sich in Gefühlen und Beziehungen verstricken. Teils mit komödiantischer Ironie erzählen die Filme unsentimental von verpassten Gelegenheiten, nicht gewagten Gefühlen, Versuchen der Selbstfindung, von Liebesbeziehungen die enden und anfangen. Einsamkeit wird häufig kontrastiert mit der oberflächlichen Wärme von Gruppen und öffentlichen Orten. Erzählungswürdige Handlung gibt es dabei kaum, vielmehr geht es um das Sichtbarmachen von Gefühlen, Nuancen, Blicke, Gesten, das Alltägliche, die Dinge des Lebens.

„Am Ende waren seine Filme von allem Überflüssigen befreit. Vielleicht war es aber auch umgekehrt: dass sie nur noch aus jenen unerzählbaren Resten bestanden, die wir Leben nennen – und sei es nur so etwas wie der Nacken einer Frau mit hochgesteckten Haaren.“ Michael Althen

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