Wirtschaft und Politik im Nationalsozialismus: Die I.G. Farben und das KZ Buna-Monowitz

von Steffen Liebscher - 6.6.2024

Nürnberg - Im Zweiten Weltkrieg ließ das Chemieunternehmen I.G. Farben in der Nähe zum Konzentrationslager Auschwitz eine Fabrik zur Produktion von Buna, einem künstlichen Kautschuk, errichten. Der Geschichte des auf dem Firmengelände errichteten KZs Buna-Monowitz geht nun vom 19. Juni bis zum 29. September 2024 eine Ausstellung im Memorium nach.

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Die Baustelle der I.G. Auschwitz um 1943/44. © Fritz Bauer Institut, Frankfurt/M.

Die I.G. Farben zählte zu den größten Chemieunternehmen der Welt. Das gummiartige Material Buna sollte zur Produktion von Reifen verwendet werden und war somit bedeutend für die deutsche Kriegswirtschaft. Für den Bau der Fabrik setzte das Unternehmen neben deutschen Fachkräften auch Häftlinge aus dem KZ Auschwitz sowie Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus ganz Europa ein. Die Manager der I.G. Farben arbeiteten eng mit der SS zusammen. Gemeinsam mit ihr errichteten sie 1942 für die ständig steigende Zahl von KZ-Insassen das firmeneigene Konzentrationslager Buna-Monowitz.

Tausende Häftlinge kamen durch die unmenschlichen Bedingungen auf der Baustelle zu Tode oder wurden in den Gaskammern in Auschwitz-Birkenau ermordet, sobald sie arbeitsunfähig waren. Menschen, die zur Zwangsarbeit nach Buna-Monowitz abkommandiert waren, lebten im Durchschnitt nur noch etwa drei Monate. Eine Firma der I.G. Farben lieferte das Gas Zyklon B für die Gaskammern des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau.

Die Ausstellung des Fritz Bauer Instituts beschäftigt sich mit der Entstehung, dem Alltag und der Auflösung des KZs Buna-Monowitz und wird im Cube 600 des Memoriums Nürnberger Prozesse gezeigt. Zu sehen sind unter anderem historische Fotografien, die anlässlich eines Besuchs von Heinrich Himmler im Juli 1942 gemacht wurden. Die Fotografien dokumentieren die Perspektive von SS und I.G. Farben. Sie werden kontrastiert mit autobiografischen Texten von überlebenden Häftlingen, darunter Primo Levi, Jean Améry und Elie Wiesel. Auch die Bemühungen der Betroffenen um Entschädigung sowie Aussagen von Überlebenden in den Nachkriegsprozessen werden dargestellt.

Zu solchen Gerichtsverfahren zählt besonders der sechste Nürnberger Nachfolgeprozess, der I.G. Farben Prozess von 1947/48. Darin waren 23 Mitglieder der Führung des I.G. Farben Konzerns vor einem US-Militärtribunal angeklagt. Der Prozess fand vor allem im Saal 600 im Nürnberger Justizgebäude statt. Das Verfahren endete mit geringen Haftstrafen und Freisprüchen. Alle Angeklagten waren bis 1952 aus der Haft entlassen. Einige von ihnen erreichten wieder leitende Positionen in der deutschen
Industrie.

Die Ausstellung ist eine Kooperation des Fritz Bauer Instituts mit dem Memorium Nürnberger Prozesse und der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien. Die Eröffnung findet am 18. Juni 2024 um 19 Uhr im Saal 600 statt. Den Eröffnungsvortrag hält Dr. Sara Berger, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Fritz Bauer
Instituts. Sie geht auf die Rolle deutscher Unternehmen im Holocaust ein und beleuchtet die juristische sowie gesellschaftliche Aufarbeitung nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Anschließend besteht Gelegenheit, die Ausstellung im Cube 600 zu besichtigen.
Um Anmeldung wird gebeten unter Tel. (0911) 231-2 86 14 oder per E-Mail an: memorium@stadt.nuernberg.de

Memorium Nürnberger Prozesse
Bärenschanzstraße 72
90429 Nürnberg
Öffnungszeiten: Mo, Mi – Fr 9 – 18 Uhr, Sa, So 10 – 18 Uhr
Telefon: 0911 2 31-2 86 14
memorium-nuernberg.de

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