52 kleine Zeitreisen und 1 ganz besonderer Koffer

von Stefanie D. Kuschill und Fabian Kastner - 6.6.2024

Nürnberg - Schätze in Schachteln: Im Spielzeugmuseum lassen sich bis zum 6. Oktober 2024 mit historischen Spielen lauter kleine Zeitreisen unternehmen. Die Highlights aus der Sammlung Mensenkamp laden zum spielerischen Verständnis vergangener Zeiten ein – und auch zum Kennenlernen Frankens.

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© Deutsches Spiele­archiv Nürnberg; Die Sammlung Mensenkamp umfasst rund 5000 Spiele. Hier eine kleine Auswahl daraus.

Einsteigen, meine kleinen Herrschaften!, denn gleich wird der Zug abfahren. Wir wünschen euch viel Glück auf den Weg, aber daß eine solche Reise nicht ohne die verschiedensten Zwischenfälle vor sich geht, werdet ihr im Verlauf dieses Spieles erfahren.

Diese einladenden Worte aus der Spielregel zu „Auf der Eisenbahn“ (J.W. Spear & Söhne, ca. 1922/1924) gehören zu einem ganz besonderen Schatz: Seit dem Sommer 2021 lagern in den Depotgeschossen des Pellerhauses rund 5000 Brett- und Gesellschaftsspiele aus vier Jahrhunderten. Die großzügige Schenkung des Detmolder Sammlers Dieter Mensenkamp bereichert die Sammlung des Deutschen Spielearchivs im Haus des Spiels und unterstreicht die lange Tradition Nürnbergs als Spiele- und Spielzeugstadt.

Die Sammlung darf getrost als bedeutendste private Spielesammlung im deutschsprachigen Raum bezeichnet werden. In jahrzehntelanger, minuziöser Arbeit hat Mensenkamp durchweg gut erhaltene Objekte auf Auktionen, Flohmärkten und Sammlertreffen zusammengetragen. Die in Inhalt und Form vielseitigen Schachteln faszinierten ihn so sehr, dass er sich intensiv mit deren Geschichte und Herkunft beschäftigte. Folgerichtig entwickelte er daraufhin auch eine eigene Ordnung und Systematik, in die er seine Spiele einteilte. Das Ergebnis ist zum einen eine wohlgeordnete Sammlung und zum anderen – ganz praktisch – ein hölzerner Koffer mit akkurat geführten Karteikarten zu jedem Spiel, der die mühselige Arbeit an der Sammlung verkörpert.

Dieser besondere Koffer ist nun Herzstück und Ausgangspunkt der Ausstellung Schätze in Schachteln, die eine Auswahl von 52 Objekten – ein Prozent der Sammlung Mensenkamp – im Sonderausstellungsraum des Spielzeugmuseums präsentiert. Die ausgesuchten Highlights stehen stellvertretend für eine reiche, oftmals aber unterschätzte Kulturgeschichte der Spiele und des Spielens. Sie erzählen von technischen Neuerungen, von neuerlangter Mobilität, von ausgedienten Rollenbildern und Erziehungsidealen – aber auch von der Entwicklung neuer Drucktechniken, von aufwendigen Produktionswegen und Massenherstellungsverfahren, als Spiele plötzlich viel mehr Haushalten zugänglich wurden.

In den Spielen kommen die mannigfaltigen Sehnsüchte und Hoffnungen zum Ausdruck, welche die Menschen damals beschäftigt haben. Oftmals geht es um das Erlangen einer geachteten Profession, um Bildung und individuellen Wohlstand. So stellt das Spielen in mikroskopischer Weise das alltägliche Streben nach Anerkennung im sozialen Gefüge nach. Doch zeigen sich an den Spielen auch Spuren von Propaganda und kollektiver Beeinflussung: Die gesellschaftlichen Grenzen werden in den Spielewelten aufrechterhalten. Abhilfe schaffen hier Spiele rund um das Thema Reisen, das eine ungeheure Faszination auf die Spielenden ausgeübt hat. Ob auf dem Land, zu Wasser oder in der Luft: Nichts kann so verbindend wirken wie Spiele. Deshalb endet die Ausstellung mit einer kleinen Spielestation, an der die Spielfelder ausgewählter Titel nach Herzenslust bereist werden dürfen.

Und insbesondere die Jugend, die das Frankenland noch nicht kennt, soll es hier im Spiel kennenlernen, um, wenn der nächste Sommer kommt, als ‚fahrende Scholaren’ wohlvorbereitet durch die Kenntnisse, die sie sich durch dieses Spiel angeeignet haben, das Land zu durchstreifen. (Aus der Spielregel „Ins Frankenland hinein“, Jos. Scholz, ca. 1925)

Spielzeugmuseum
Karlstraße 13 – 15
90403 Nürnberg
Öffnungszeiten: Di – Fr 10 – 17 Uhr, Sa, So 10 – 18 Uhr
Telefon: 0911 2 31-31 64
spielzeugmuseum-nuernberg.de

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