„Heimat ist da, wo man satt wird“

von Franziska Beck - 18.10.2023

Bad Windsheim - Migration fand und findet überall statt, sowohl im städtischen als auch im ländlichen Mittelfranken. Dies wird nun auch im Fränkischen Freilandmuseum gewürdigt. Die Sonderausstellung Heimat ist da, wo man satt wird porträtiert bis zum 17. Dezember 2024 Migrantinnen und Migranten aus Mittelfranken. Gezeigt werden ihre Geschichten in Fotografien, Objekten und Zitaten.

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Vater von Paola D'Isep, Giovanni Sacchet © Privat, Franziska Beck

Enrico mit Mutter Paola © Privat, Franziska Beck

Im Mittelpunkt der Sonderausstellung des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim stehen 22 Personen aus acht verschiedenen Ländern von Vietnam über Mazedonien, Italien und Griechenland bis zur Türkei, die zwischen 1960 und 1990 in die ländlich und kleinstädtisch geprägten Gemeinden Mittelfrankens eingewandert sind. Manche kamen als Arbeitsmigranten oder als politisch Verfolgte in die Region. Einige von ihnen nutzten Chancen und Gelegenheiten, wieder andere lockte die Liebe. Schnell zeichnete sich in den Gesprächen ab, dass nicht nur die Gründe für die Migration vielseitig waren, sondern auch die Ankunft und vor allen Dingen das Ankommen in Franken: Wie war es für die Migrantinnen und Migranten, in einem fremden Land Fuß zu fassen? Wie richteten sie ihr neues Zuhause ein? Und wie fanden sie Anschluss in den fränkischen Gemeinden? Neben dem Arbeits- und Alltagsleben wird auch das Verhältnis der Befragten zu ihren Herkunftsländern thematisiert.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Erfahrungen und Erlebnisse der Migrantinnen und Migranten, die teils von Ängsten und Hoffnungen begleitet wurden. Einerseits werden sie in Portraits persönlich vorgestellt, andererseits ermöglichen Themenbereiche den Vergleich der einzelnen Erfahrungen. Im Fokus stehen die zitierten Aussagen der Gesprächspartnerinnen und -partner, die sich teilweise ähneln, manchmal aber sogar widersprechen. Eine einheitliche Migrationsgeschichte lässt sich folglich
kaum schreiben.

Besonders deutlich wird das bei der Frage, was Heimat eigentlich bedeutet, die allen Personen gestellt wurde. Heimat ist da, wo man satt wird, lautet ein türkisches Sprichwort, das auch Titel der Ausstellung wurde. Ganz schnell kommt da die Frage nach dem eigenen Heimatverständnis auf. Ist Heimat tatsächlich da, wo man nicht nur körperlich satt wird, sondern auch Freundschaften pflegt und sich wohlfühlt?

Parallel zu der Ausstellung im Freilandmuseum zeigt das Reichsstadtmuseum im Ochsenhof die vom Historischen Verein Bad Windsheim e. V. initiierte Partnerausstellung Im Großen und Ganzen ist man eigentlich gut ausgekommen. Hier wird die Blickrichtung gewechselt: Bad Windsheimer Bürgerinnen und Bürger berichten über ihre Begegnungen mit den neu Zugewanderten, die zu Arbeitskollegen und Nachbarn wurden. Mit Eiscafé, Pizzeria und Dönerimbiss kamen nicht nur neue Speisekarten, sondern auch neue Treffpunkte, die längst nicht mehr aus der Kleinstadt wegzudenken sind. Die Ausstellung erzählt von Neugierde und Distanz, von Skepsis und Freundschaft – auch hier bleiben die Ambivalenzen bewusst stehen.

Speziell wegen der unterschiedlichen Perspektiven lohnt es sich, beide Sonderausstellungen zu besuchen. Sie sind bis Saisonende 2024 im Fränkischen Freilandmuseum und im Reichsstadtmuseum Bad Windsheim für Besucherinnen und Besucher geöffnet. Das Thema Migration wird in dieser Saison ebenfalls im Museum Kirche in Franken aufgegriffen, dort geht es um Evangelische Migrationsgeschichte(n) – Zuwanderer in Franken im 17. Jahrhundert.

Fränkisches Freilandmuseum
Eisweiherweg 1
91438 Bad Windsheim
Öffnungszeiten: Geöffnet täglich 9 – 18 Uhr
Telefon: 09841 66-800
freilandmuseum.de

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