Steinbruch im Hartmannshof, 1932
Tempera auf Leinwand, 110,5 x 121 cm
Provenienz / Zugang: Schenkung Michaela Kellner, 2018

August Friedrich Kellner (1885 – 1944) entwickelte in seinem Schaffen eine künstlerische Position, die unabhängig von aktuellen stilistischen Strömungen blieb. Gemeinsam mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder Carl studierte er zunächst von 1902 bis 1903 an der Kunstgewerbeschule in Nürnberg und trat anschließend in die Werkstatt seines älteren Bruders Georg ein. 1913 ließ er sich freischaffend nieder und fertigte neben Wandmalereien Jugendstil-Illustrationen botanischer und zoologischer Objekte für die seit 1876 erscheinende Zeitschrift „Jugendlust“. Ausgehend von seiner Hinwendung zur anthroposophischen Lehre, seiner Beschäftigung mit Geologie und geprägt von einer tiefen Religiosität warf August Friedrich Kellner in seinen ab den 1920er-Jahren entstandenen Landschaftsbildern die Frage nach dem Wesen der Kunst auf. Er artikulierte mit seinen Darstellungen eine Polarität zwischen der wahrnehmbaren Wirklichkeit und dem Urbild der Natur, der Schöpfung Gottes. Mittels ungewöhnlicher Perspektiven und Ausschnitte sowie einer kubistisch-kristallinen Bildstruktur setzte August Friedrich Kellner dem traditionellen Landschaftsbild etwas eigenständig Neues entgegen. In die großformatigen Gemälde kann der Betrachter gleichsam wie in das Innere der Felsformationen eintauchen. Im Bild „Steinbruch im Hartmannshof“ von 1932 erzeugt die auf eine kreisförmige Ausgrabung fokussierte Komposition eine Strudelwirkung, die regelrecht in ihren Bann zieht.

Susann Scholl