Selbstbildnis, um 1904
Öl auf Karton, 40 x 32,4 cm
Provenienz / Zugang: Stiftung Kertz, 2022

Das kurze Leben des Adolf Kertz (1880 – 1918), das daraus resultierende schmale Œuvre sowie die spärliche Anzahl historischer Dokumente lassen nur ein unvollständiges Bild des Künstlers entstehen. In einem handgeschriebenen Lebenslauf vermerkte er, dass ihn der Maler Adolf Hölzel (1853 – 1934) 1894 an dessen private Malschule nach Dachau geholt hat. Die Ausbildung bei Hölzel, der seinen Unterricht in der freien Natur abhielt und zusätzlich theoretische Inhalte vermittelte, muss auf den jungen Künstler einen ungemeinen Impuls ausgeübt haben. Seine Gemälde dieser Zeit zeigen im Spiel mit Hell-Dunkel-Werten und den klar gegliederten Kompositionen Einflüsse des sogenannten Neu Dachauer Stils. Dagegen inszenierte sich Adolf Kertz auf dem vermutlich im Jahr 1904 entstandenen „Selbstbildnis“ als dandyhafter Bohemien, der mit selbstbewusstem Blick auf den Betrachter hinunterblickt. Auch in den folgenden Jahren, die der Künstler in München, Nürnberg und Dachau verbrachte, wechseln sich Darstellungen des modernen Großstadtlebens mit ländlichen Motiven ab. Nach dem Vorbild des Dachauer Modells von Hölzel gründeten Adolf Kertz und der ebenfalls aus Nürnberg stammende Julius Graumann (1878 – 1944) im Jahr 1907 eine private Malschule in München.

Susann Scholl