Monika Michalko. Here in the Real World

29. Juni bis 6. Oktober 2024

Eröffnung: Freitag, 28. Juni 2024, 19 Uhr

Monika Michalko wurde von der Kunsthalle Nürnberg 2023 als Stipendiatin des Marianne-Defet-Malerei-Stipendiums ausgewählt.

Bäume und Schlingpflanzen, Vögel und Pilze, Behausungen und bühnenbildhafte Interieurs: Monika Michalko (*1982 Sokolov, Tschechien) verbindet in ihrer Malerei figürliche und objekthafte, organische und ornamentale, abstrakte und architektonische Elemente. Ihre Bildkompositionen sind stets fiktiv: Erinnerungen, Phantasmen und traumartige Szenen bilden einen malerischen Kosmos, der durch seine eigenen Gesetzmäßigkeiten definiert ist. Auch die spezifische Tonalität ihrer Werke verstärkt deren traumartige Anmutung. Immer wieder erinnern diese Kompositionen vage an Künstler der Moderne wie Paul Klee, Kasimir Malewitsch, Giorgio de Chirico, Odilon Redon oder James Ensor.

Mit der Ausstellung HERE IN THE REAL WORLD präsentiert die Kunsthalle Nürnberg erstmals umfassend das genreübergreifende Werk von Monika Michalko. Die „reale Welt“ kommt häufig über das Radio in das Atelier der Künstlerin. Während des Malens hört sie Berichte über das Weltgeschehen, über die Krisen, Eskalationen und Naturkatastrophen unserer Zeit. Ihre oft bunten, surrealen Kompositionen entstehen im Bewusstsein dieser Realität. Zugleich repräsentieren diese die Fähigkeit zur Gestaltung einer alter­nativen wundersamen Welt sowie zur Flucht in ebendiese.

Die Malerei von Monika Michalko beschränkt sich nicht auf die Zweidimensionalität eines planen Bild­trägers. Sie wird volumenhaft, dehnt sich aus und greift in die dritte Dimension. Charakteristische Bild­elemente kehren auf Wänden, auf Teppichböden oder als Muster auf Mobiliar und Objekten wieder. Die Grenzen zwischen Bild und Raum lösen sich in einem komplexen Zusammenspiel auf.

In einem der Räume der Kunsthalle Nürnberg kuratiert Monika Michalko eine „Ausstellung in der Ausstellung“ und stellt ihre Werke gemeinsam mit den Arbeiten befreundeter Künstler*innen aus. Mit dieser Entscheidung konterkariert sie die tradierte Vorstellung eines genialisch schöpfenden Künstlerindividuums und ent­wickelt eine Art „Cliquenkunstwerk“. Dieses repräsentiert ein verschlungenes Netzwerk aus per­sönlichen Freundschaften, Referenzen und Verbindungen und lässt die Kollaboration zum Arbeitsprinzip werden.

HERE IN THE REAL WORLD wird auch Beispiele aus der Werkserie der „Tableaux Vivants“ zeigen: lebende Bilder, filmisch festgehalten und wie dadaistische Theaterstücke erscheinend. Damit reaktiviert die Künstlerin eine Tradition, die sich im 18. und 19. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreute: Berühmte Werke der Kunstgeschichte wurden durch lebende Personen nachgestellt, und auch Monika Michalko inszeniert eine zunächst statisch erscheinende Szene mit mehreren Modellen. Diese sind kostümiert und in Pose gesetzt, mit vielfältigsten Requisiten und Kulissen ausgestattet: Strategien des Theaters und der bildenden Kunst werden kombiniert. Anders jedoch als in der Tradition des „Tableau Vivant“, in der das „lebende Bild“ meist fotografisch festgehalten wurde, filmt Monika Michalko die Szenerie. Zunächst scheinen wir mit dem eingefrorenen Moment eines filmischen Standbildes konfrontiert. Dann werden jedoch die minimalen Bewegungen der Körper deutlich. Die relative Ereignislosigkeit, die der alltäglichen Bilderflut diametral entgegensteht, entwickelt eine sehr spezifische, zarte Ästhetik und schult unseren Blick für die unzähligen Details der Komposition. Jeder Atemzug, jeder Wimpernschlag wird zum Ereignis.

Die Ausstellung präsentiert auch das 2023 entstandene Tableau vivant Ship of fools: In einer Kulisse aus stark aufgeworfenen Pappwellen, eingefroren in dem Moment, in dem die Wellen zu brechen drohen, zeigen sich verschiedene Darsteller*innen, samt Kindern und einem Hund. Es gelingt ein spannungsvoller Spagat zwischen Belebtem und Unbelebtem, zwischen Statik und Bewegung. Das Bild eines vom Weg abgekommenen Schiffs voller Narren besitzt vielfältige Bezüge zu Nürnberg: Die spätmittelalterliche Moralsatire Das Narrenschiff von Sebastian Brant (1457-1521) zählt zu den populärsten deutsch­sprachigen, reich illustrierten Werken des 15. Jahrhunderts. Zu den Künstlern, mit denen der Autor in Basel für die Illustrationen zusammenarbeitete, gehörte der junge Albrecht Dürer, der jedoch bereits nach Fertigstellung von 73 der 114 Holzschnitte nach Nürnberg weiterzog. Monika Michalko findet eine neue Interpretation des Motivs und inszeniert eine zeitgenössische Metapher für den Zustand einer Welt zwischen Verbindung und Auseinanderdriften.

Monika Michalko wurde von der Kunsthalle Nürnberg 2023 als Stipendiatin des Marianne-Defet-Malerei-Stipendiums ausgewählt und verbrachte fünf Monate im Atelier- und Galeriehaus Defet in Nürnberg. Neben rund 40 Werken aus den zurückliegenden Jahren werden auch die in Nürnberg entstandenen Gemälde im Kontext ihrer Ausstellung HERE IN THE REAL WORLD präsentiert. Sie komplettieren eine visuell überbordende und inhaltlich vielschichtige Ausstellung.

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